„Jetzt beginnen wir damit, unser Unternehmen als einen wahrhaft globalen Akteur der Windbranche aufzubauen“, sagte Nordex-Chef Lars Bondo Krogsgaard nach der nun verkündeten kartellrechtlichen Freigabe der Fusion seines Unternehmens mit dem spanischen Wettbewerber Acciona Windpower (AWP).
Dass sich beide Unternehmen bestens ergänzen würden, hatten die jeweiligen Führungsteams bereits Anfang Oktober 2015 betont, als sie den geplanten Zusammenschluss unter Führung des TecDax-Konzerns verkündeten.
Kombiniert haben Nordex und Acciona Windpower bislang Windturbinen mit einer Leistung von mehr als 18 Gigawatt in mehr 25 Märkten installiert, was ungefähr 18 durchschnittlichen Kernkraftwerken entspricht.
Wobei die neuesten Nordex-Anlagen eher für komplexe Projekte mit hohen technischen Voraussetzungen optimal ausgelegt sind, während die die robusten Anlagen von Acciona vor allem auf Großprojekte mit einfacheren Umgebungsbedingungen getrimmt seien, hieß es schon damals in der Begründung der Fusionspläne.
Nicht zuletzt ergänzen sich die beiden Windkraftunternehmen auch in ihrer Marktabdeckung. Acciona vertreibt seine Turbinen vor allem in Indien, Lateinamerika und China. Die Deutschen haben einen klaren Fokus auf Europa, dazu Standbeine in Südafrika und den USA.
Gemeinsam erzielten die Fusionspartner 2015 einen Umsatz von 3,4 Milliarden Euro und beschäftigen derzeit mehr als 4800 Mitarbeiter. Zum Fertigungsverbund gehören Werke in Deutschland, Spanien, Brasilien, den USA und in Kürze auch in Indien. Das kombinierte Produktprogramm konzentriert sich auf Onshore-Turbinen der 1,5- bis 3-Megawatt-Klasse, die auf Marktanforderungen in entwickelten Märkten und Schwellenländern spezifiziert sind.
Dass Nordex durch den Zusammenschluss mit Acciona wieder in Richtung des noch immer doppelt so umsatzstarken dänischen Marktführers Vestas schielen darf, hat das Unternehmen einerseits der konjunkturellen Lage, andererseits der strategischen Fokussierung nach den Verlustjahren 2011 und 2012 zu verdanken.
Unter dem 2010 vom Siemens-Konzern an Nordex-Spitze gewechselten Vorstandschef Jürgen Zeschky verabschiedete sich der Konzern von der Offshore-Windkraft und strich seine Produktpalette zusammen. „Wir können nicht überall die Besten sein“, hatte er damals dem manager magazin gesagt.
Nach dieser strategischen Fokussierung auf kleinere Onshore-Anlagen lief das Geschäft prächtig. Die Erlöse haben sich seither verdoppelt, der Börsenwert der Nordex SE hat sich seit dem Tief Mitte 2012 auf fast zwei Milliarden Euro knapp verzehnfacht.
Allein 2015 hob Nordex zweimal die Umsatzprognosen an. Dies zu verkünden, war allerdings bereits die Aufgabe des ebenfalls von Siemens zu Nordex gewechselten Lars Bondo Krogsgaard, nachdem Zeschky Ende Mai 2015 „aus privaten Gründen“ den Vorstandsvorsitz niedergelegt hatte.
„Wir sind inzwischen dividendenfähig“, hatte zuletzt Finanzvorstand Bernard Schäferbarthold Mitte März 2016 gegenüber Investoren verkündet. Spätestens 2018 will die künftige Nummer 5 der Branche demnach 30 bis 50 Prozent des Cashflows an die Aktionäre ausschütten.
Geld an vor allen einen Aktionär wird indes die potenzielle Nummer 1 im europäischen Windkraftgeschäft, die Siemens AG, überweisen müssen. Zumindest dann, wenn der Versuch, die Mehrheit am spanischen Nordex-Konkurrenten Gamesa zu kaufen, gelingen soll. Doch der Deal zieht und zieht sich.
Siemens trifft im Gamesa-Großaktionär Iberdrola offenbar auf einen harten Verhandlungspartner. Der spanische Energieversorger hält 10 Prozent der Gamesa-Aktien, deren Erwerb Siemens die Mehrheit an Gamesa sichern würde. Iberdrola aber scheint mehr Geld dafür haben zu wollen, als Siemens ursprünglich auszugeben bereit war. An der Börse wird Gamesa derzeit mit rund 4,7 Milliarden Euro bewertet.
Zudem sieht sich Siemens einem weiteren Problem gegenüber: Gamesa betreibt mit dem französischen Atomkonzern Areva ein Offshore-Windunternehmen. Sollte Gamesa von Siemens übernommen werden, würden die Münchener zum neuen Areva-Partner. Doch die Franzosen wollen davon nichts wissen, im Gegenteil.
Areva sträubt sich und möchte stattdessen aus dem Joint-Venture herausgekauft werden. Nach Medienangaben fordert Areva dafür mehr als jene 280 Millionen Euro, die Areva einst in das Projekt investiert hatte. Damit wird die Transaktion für Siemens noch teurer – und auch ein bisschen unübersichtlicher.
Denn Siemens ist schon heute stark im Offshore-Geschäft vertreten. Ein zusätzliches Projekt könnte nach Meinung von Marktbeobachtern die Kartellbehörden auf den Plan rufen, denen die Marktmacht des deutschen Konzerns in diesem Bereich zu groß werden könnte.
Ob es Siemens also durch den geplanten Kauf der Mehrheit an der spanischen Gamesa tatsächlich in die Spitzenposition der europäischen Windrad-Branche schafft, werden die Kaufverhandlungen in den kommenden Wochen zeigen.