Die 4.150 Aktionäre, die am 24. Mai die Hauptversammlung der Deutschen Bank in der Frankfurter Festhalle erlebten, mögen am Ende des Tages das Gefühl mit nach Hause genommen haben, alles könne nur noch besser werden kann. Sie hatten Aufsichtsrat und Vorstand in zahllosen Reden und mit deutlichen Worten klar gemacht, was Sie von seinem bisherigen Wirken halten, und was sie in Zukunft erwarten. Die obersten Angestellten der Aktionäre, allen voran Aufsichtsratschef Paul Achleitner und der gerade erst zum Vorstandsvorsitzenden gekürte Christian Sewing, gelobten Besserung.
Gewiss, die Börse war von Sewings und Achleitners Ankündigungen nicht sonderlich angetan. Während der Hauptversammlung verlor die Aktie der Deutschen Bank fast fünf Prozent, sie schloss bei 10,38 Euro. Aber der monatelange Niedergang der Aktie sollte nun doch wohl ein Ende finden.
Manch einer mag 10,38 Euro tatsächlich für einen Einstiegskurs gehalten haben, doch der Kapitalmarkt bleibt bei Deutschlands einstigem Vorzeigeinstitut skeptisch. Und er hat seine Gründe: Kurz nach der Hauptversammlung musste er die Nachricht verkraften, dass die amerikanischen Finanzaufseher die US-Töchter der Deutschen Bank auf eine Liste von Problembanken gesetzt hatten. Wenig später senkte die Ratingagentur Standard & Poor’s die Bonität des deutschen Finanzprimus. Die Folge: Der Kurs kippte noch weiter, unter zehn Euro!
Anfang Juni war die gesamte Bank an der Börse keine 20 Milliarden Euro mehr wert, ungefähr so viel, wie ein Jahresgewinn des (einstigen) Konkurrenten JP Morgan Chase.
Der Nerven der Aktionäre werden zusätzlich dadurch belastet, dass die hauptberuflichen Kapitalmarkt-Watcher wenig Hoffnungen geben. Von 33 Aktien-Analysten, die ständig die Deutsche Bank beobachten, raten derzeit 18 zu einem Verkauf der Aktie; nur vier empfehlen einen Kauf.
Eine Momentaufnahme, gewiss. Aber auch ein klares Signal an Vorstand und Aufsichtsrat: Das Management der Deutschen Bank muss endlich seine Hausaufgaben machen, nämlich
Dazu gehört auch, dass die Deutsche Bank, ihr Aufsichtsrat und ihr Vorstand, Abschied nehmen müssen von nostalgischen Träumereien. Das Institut ist schlicht nicht mehr einer der führenden internationalen Finanzplayer, schon gar nicht im amerikanischen Investmentbanking.
Wenn die schmerzhaften vergangenen Wochen nach der Hauptversammlung dazu beigetragen haben, diesen mentalen Veränderungsprozess zu beschleunigen, hatten sie vielleicht ja einen Sinn. Die Aktionäre sind allerdings gut beraten, genau hinzuschauen, wie Vorstand und Aufsichtsrat mit der Situation umgehen, was sie aus der Bank der Aktionäre machen.
Die Aktionäre sollten vor allem darauf achten, dass Vorstand und Aufsichtsrat sich nicht mit aberwitzigen Manövern vor der Sanierungsarbeit drücken. Im Institut machen schon Gerüchte die Runde, die Deutsche Bank flüchte sich womöglich in ein Bündnis mit der Commerzbank. Im Interesse der Aktionäre wäre ein Zusammenschluss der beiden großen Kapitalvernichter sicherlich nicht, da mögen Großstrategen noch so viele Synergien hervorzaubern. Nach deren Logik könnte man auch eine Fusion mit der Volkswagen AG erwägen. Alleine schon die Synergien in den Rechtsabteilungen könnten den Deal tragen.