Sie kaufen Anteile an unterbewerteten Publikumsfirmen, verlangen rabiate Sparmaßnahmen, Aktienrückkäufe oder die Abspaltung wenig profitabler Geschäftsteile. Dabei setzen die Aktivisten der Hedgefonds die attackierten Topmanager, von denen sie schroffe Kurswechsel verlangen, auch immer öfter öffentlich unter Druck:
Sie schreiben offene Briefe, kritisieren CEOs via Twitter oder machen sie im Wirtschaftsfernsehen madig, so wie zuletzt Bill Ackman mit seiner Kampagne gegen den Nahrungsergänzungsmittelhersteller Herbalife. Immer geht es dabei um eilige Strategiewechsel oder umgehende Rauswürfe von Vorständen.
Die Rein-raus-Mentalität der aggressiven Hedgefondsmanager wird von erfahrenen Firmenberatern und Topmanagern jedoch kritisiert. Stimmführer bei der Aktivistenschelte ist der bekannte New Yorker Anwalt Martin Lipton (hier im Interview). Um Angriffe von Aktivisten zu vermeiden, sagt Lipton, „wollen viele Börsenfirmen zu Lasten solider Bilanzen, Investitionen und Forschung die Erträge maximieren.“
Aktivisten sind eine Innovationsbremse, sagen daher die Gegner des Hauruckansatzes, mit dem die Aktivisten zu Werke gehen. „Sie sind nicht dafür bekannt, dass sie lange warten wollen, bis sie Kasse machen und sich von ihrem Investment wieder trennen“, sagt die Anwältin Kate Swanson bei der Kanzlei Norton Rose Fulbright in Toronto. Doch die Entwicklung neuer Produkte erfordert Geduld und langen Atem.
Dieser Konflikt zwischen Management und Aktivisten beschäftigt nicht nur Firmenanwälte und Strategen, sondern auch Akademiker.
He Zhongzhi und Tang Tingfeng von der Shanghai University of Finance and Economics kommen in einer Abhandlung über „Hedgefonds-Aktivismus und Innovationen“ zu dem Schluss, dass die Interventionen von Hedgefonds zwar nicht den „Input“ – also die Ausgaben – beeinflussen, dafür aber den „Output“, also die Patente. Dies belegt ihrer Ansicht nach, „dass unter dem Druck der Intervention die Effizienz der F&E-Abteilungen in den Zielfirmen zunimmt.“
In einer Untersuchung über „Aktionärsmacht und Firmen-Innovationen“ kommt Alon Brav von der Fuqua School of Business an der Duke University zum selben Ergebnis: „Wir finden, dass Firmen, die Ziel von Hedgefonds-Aktivisten wurden, in den ersten drei Jahren nach der Intervention effizienter bei den Innovationen wurden, weil trotz rückläufiger F&E-Ausgaben die Patentanmeldungen zunahmen.“
Das entspricht im wesentlichen dem mehr generellen Befund von Lucian Bebchuk an der Harvard Law School, der nach einer Analyse von 2000 Hedgefonds-Attacken „keinen Beweis dafür fand, dass nach Interventionen von Aktivisten die Performance von Firmen langfristig sinkt“.
Kritiker wie Kate Swanson sind von den Ergebnissen der genannten Studien dennoch nicht überzeugt. „Der zusätzliche Druck“, den die Aktivisten mit Blick auf bessere Resultate der Zielfirmen ausübten, „könnte die F&E-Abteilungen ermutigt haben, ihre Patentanmeldungen zu inflationieren.“ Die steigende Zahl der Patentanmeldungen, findet Swanson, hätte daraufhin überprüft werden müssen, wie viele der Patente tatsächlich genehmigt worden seien.
Dass ein Patent, also eine dokumentierte Erfindung, noch keine Produkteinführung, also eine Innovation, nach sich zieht, steht auf einem andern Blatt.
Aktivisten, so scheint es, wissen Erfindungen und die manchmal darauf folgenden Innovationen zumindest zu schätzen. In seinem offenen Brief an Apple-CEO Tim Cook forderte Carl Icahn kürzlich zwar, „den Aufsichtsrat davon zu überzeugen, dass er viel mehr und viel früher Aktien zurückkaufen soll“, doch am Ende würdigte Icahn den Techkonzern für seine „exzellente Arbeit“ und „dass er die Welt fortlaufend durch technische Innovationen verändert“.