Sie erzielten im ersten Halbjahr 6,5 Prozent Rendite, doppelt so viel wie der Schnitt aller anderen Hedgefonds. Sie freuen sich über massiven Zulauf von Kapital und Anlegern. Und sie reiben sich die Hände über eine Serie von Siegen, die sie in diesem Sommer gegen Vorstände verschiedener Publikumsfirmen errungen haben.
Die Aktivisten unter den Hedgefonds-Managern nehmen Einfluss auf börsennotierte Unternehmen wie nie zuvor.
In den Medien – sogar außerhalb der Leib- und Magenblätter der Wall Street – genießen die bekanntesten von ihnen Celebrity-Status. Und sie nutzen ihr Kapital, ihre Verbindungen und ihr Wissen gnadenlos, um Kostenprogramme, Aktienrückkäufe, die Abspaltung enttäuschender Geschäfte oder strategische Übernahmen zu erzwingen.
Bei Amerikas größter Drogeriekette Walgreens haben sich die Investorenrebellen des Hedgefonds Jana Partners vor wenigen Tagen mit weniger als einem Prozent der Aktien zwei Sitze im Aufsichtsrat gesichert. Im August wurde der Finanzchef von Walgreens abrupt rausgedrängt, nachdem die interne Umsatzprognose um 1,1 Milliarden Dollar gekürzt worden war.
Nur ein Ziel erreichte Jana Partners bisher nicht: Die Verlegung der Zentrale von Walgreens nach Übersee, um Steuern zu sparen. Dieser Versuch scheiterte am Widerstand der Regierung Obama.
Das jüngste Opfer der rebellischen Investoren war in der vergangenen Woche der CEO des Autovermieters Hertz, Mark Frissora. Hertz musste im August wegen operativer Probleme seine Finanzprognose für 2014 kassieren. Umgehend verlangte einer der größten Aktionäre des Unternehmens, der Hedgefonds Fir Tree Partners, den Rauswurf von Frissora.
Der CEO, so die Begründung, habe „seine ganze Glaubwürdigkeit verloren.“ Als auch noch die Aktivistenlegende Carl Icahn in den Ring stieg und mit einem Paket von 8,7 Prozent der Hertz-Aktien winkte, waren die Tage von Frissora gezählt.
Icahn wurden am Donnerstag gleich auch noch drei Sitze im Aufsichtsrat von Hertz angeboten, eine Nachricht, die nachbörslich den Aktienkurs ansteigen ließ. Dabei rebellierten die Aktivisten bei Hertz gleich im Rudel. Auch der Hedgefonds Third Point von Daniel Loeb sowie Jana Partners hatten Aktien in der Revolte gegen den CEO.
Als den spektakulären Startschuss zu dieser Serie erfolgreicher Rebellionen könnte man den Abschied von Steve Ballmer vor neun Monaten als CEO von Microsoft sehen. Verschiedene Analysten wie Rick Sherlund bei Nomura Securities bestätigen den Einfluss der Aktivisten, vor allem des ValueAct-Hedgefonds von Jeffrey Ubben, auf Ballmers Abschied von der Spitze des Unternehmens.
Ballmer war Vorstandschef bei Microsoft von 2000 bis 2014, wo er als größter Aktionär des Unternehmens den Umsatz verdreifachte. Doch die Rebellen in den Hedgefonds wurden ungeduldig, als der Softwarekonzern aus Redmond bei Seattle sich gegen Apple und Google immer schwerer tat.
Mit solchen Skalps am Gürtel erfreuen sich die Aktivisten unter den Hedgefondsmanagern nicht nur wachsender Beliebtheit bei den Investoren und Anlegern, sondern auch steigender Wertschätzung in der Finanzbranche insgesamt.
Paul Singer wird mit seiner Elliott Management Corp. im Oktober 2014 in der Bloomberg-Liste der 50 einflussreichsten Finanzmanager zusammen mit Carl Icahn prominent neben Goldman Sachs-Chef Lloyd Blankfein, Jack Ma vom Internet-Shootingstar Alibaba, EZB-Präsident Mario Draghi und Fed-Chefin Janet Yellen glänzen.
Paul Singer hat nach Einschätzung vieler Beobachter mit seiner unnachgiebigen Haltung im Schuldenstreit um Argentinien-Anleihen das südamerikanische Land vor wenigen Wochen mit in die zweite Staatspleite getrieben.
Finanzexperten, Firmenanwälte und Fondsspezialisten sind sich einig: Der Einfluss der Aktivisten treibt einem neuen Höhepunkt entgegen. „Im Verlauf des vergangenen Jahres haben wir gesehen, wie sich einige Aktionäre lautstark bemerkbar machen“, sagt John Madden von der M&A-Gruppe Shearman & Sterling, „wir erleben eine fundamentale Verschiebung der Macht zwischen Aufsichtsräten und Aktionären, wobei sich die Entscheidungsgewalt mit Blick auf die Corporate Governance von den Gremien weg bewegt.“
Ähnlich lautet die Einschätzung in einer aktuellen Studie der auf Finanz- und Firmenangelegenheiten spezialisierten Kanzlei Skadden in New York. Das Papier ist mit dem bezeichnenden Titel „Die neuen Barbaren“ überschrieben. Darin heißt es, dass „der Aktivismus seit der Finanzkrise signifikant zunimmt.“ Laut Skadden nehmen die kämpferischen Hedgefonds dabei zunehmend „größere Firmen“ aufs Korn.
Die angegriffenen Unternehmen kostet das viel Geld. Laut dem Branchendienst „Activist Insight“ haben so genannte Proxy-Schlachten um wichtige Personalien die US-Publikumsgesellschaften 2014 im Schnitt schon 4,9 Millionen Dollar gekostet. Nach drei Millionen im vergangenen Jahr ist das ein satter Anstieg von 60 Prozent.
Jede der von Skaddden untersuchten Firmen beschäftigt im Schnitt 44 Anwälte für Streitfälle mit den Aktivisten. Doch die sehen sich weiterhin im Auftrieb. Nicht nur, weil sie mehr Erfolge erzielen als bisher. Sondern auch, weil sie bei institutionellen Anlegern, die sich traditionell eher ruhig verhalten haben, jetzt mehr aktive Unterstützung finden.
Die auf Finanzchefs zielende Webseite CFO.com stellt eine „wachsende Bereitschaft von Mainstream-Fonds und anderen institutionellen Investoren zur Kooperation mit Aktivisten" fest. Auch die leichtere Kommunikation zwischen Aktivisten und Börsenvolk mit Hilfe sozialer Medien spielt dem Aktivismus in die Hände.
Carl Icahn erfreut sich bei Twitter mit aktuell 178.000 Followern enormen Zulaufs. Auch für die wachsenden Erfolge der Aktivisten gibt es handfeste Zahlen: Der Proxy-Berater Institutional Shareholder Services (ISS) hat für 2013 eine Gewinnrate von 70 Prozent in allen Streitfällen der Aktionärsdissidenten ermittelt. Selbst wenn man davon einiges abzieht, weil die Definition eines Erfolges strittig sein dürfte, ist das eine beachtliche Zahl.
Die Rebellen sorgen auch selbst dafür, dass sie mehr finanzielle Feuerkraft hinter ihre Kampagnen bekommen. Bill Ackman will seinen Pershing Square bis Ende des Jahres an die Börse bringen. Das Ziel: Billiges Kapital für eine dauerhafte Verwendung besorgen, ohne dass die Gefahr besteht – wie bei dem Anlagevermögen der Klientel – dass kurzfristig viel Geld abgezogen wird.
Der 15 Milliarden Dollar schwere Pershing-Fonds musste 2009 nach Ausbruch der Finanzkrise mit dem Abzug von 27 Prozent des Kapitals fertigwerden. Auch hier lässt sich ein Trend ausmachen: Die Hedgefonds-Manager Alan Howard und Dan Loeb haben es Ackman mit IPOs bereits vorgemacht Loeb verkaufte 2013 Aktien seiner Third Point Reinsurance, deren Anlagevermögen vom eigenen Hedgefonds verwaltet wird.