Sie starteten einst als kleine Bewegung von Aktionärsrabauken, die sich Anteilscheine von schlecht geführten oder unterbewerteten Publikumsfirmen kauften, um dem Management neuen Strategien, Aktienrückkäufe oder Dividendenerhöhungen aufzuzwingen. Inzwischen sind die Aktivisten im Mainstream angekommen. Aktiven Hedgefonds von Ikonen wie Daniel Loeb, Bill Ackman oder Carl Icahn fließt Kapital zu wie nie zuvor.
Zugleich sorgt dies für Gegenbewegungen. Aktivisten schlägt verstärkt Kritik entgegen. Und längst stellen sich börsennotierte Firmen auf mögliche Attacken ein, bevor überhaupt zum Angriff geblasen wird. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen Opfer aggressiver Aktionäre werden könnte, sind hoch.
Allein im vergangenen Jahr haben die Aktivisten fast 300 Kampagnen gestartet, mehr als in jedem Jahr seit 2009, meldet der Datenspezialist Factset SharkWatch. Dabei sind selbst große Firmen wie General Motors, Coca-Cola, Ebay, Apple, DuPont und Hewlett-Packard nicht mehr vor ihnen sicher.
GM gab Anfang März unter dem Druck einer Investorengruppe mit dem Obama-Vertrauten Harry Wilson an der Spitze bekannt, dass es für fünf Milliarden Dollar eigene Aktien zurückkauft und die Dividende um 20 Prozent erhöht. Ganz klar: Selbst die größten Unternehmen tun sich inzwischen schwer, die Angriffe der Aktivisten abzuwehren. Bei 72 Prozent aller Vorstöße waren sie im vergangenen Jahr erfolgreich.
Der heimliche Star unter den Aktivisten ist Eric Rosenfeld, ein früherer Arbitragebanker der Wall Street. Er startete 1998 Crescendo Partners und brachte bei 20 von 22 Anläufen Kandidaten seiner Wahl in den Aufsichtsräten der attackierten Firmen unter.
Behilflich sind den Aktivisten immer öfter große Pensionsfonds. Diese schließen sich ihnen an, angesichts der Niedrigzinspolitik der Notenbanken und der Jagd nach den verbliebenen Renditechancen.
Nun allerdings, nachdem die renitenten Aktionäre kollektiv bereits mehr als 200 Milliarden Dollar in ihre Kampagnen gepumpt haben, gibt es eine breite Debatte über Fluch und Segen, den sie in den Zielfirmen verbreiten. Dabei scheuen die Kritiker auch vor öffentlichen Schlammschlachten nicht zurück.
Die Citizens for Responsibility and Ethics in Washington, die sich gerne für den Schutz von Verbrauchern einsetzen, haben jetzt das US-Parlament aufgefordert, Aktivisten mit Short-Positionen in attackierten Firmen unter die Lupe zu nehmen. Das kommt einem unverhüllten Angriff auf den Aktivisten Bill Ackman gleich. Denn dieser führt seit 2012 einen Feldzug gegen den amerikanischen Nahrungsergänzungsmittelhersteller Herbalife, wobei er gleichzeitig auf sinkende Aktienkurse des Unternehmens wettet.
Eine weitere öffentliche und emotionale Auseinandersetzung spielt sich zwischen dem Aktivisten Elliott Advisors und Alliance Trust ab. Alliance ist einer der führenden britischen Investment-Trusts und gehört zu den sechs führenden börsennotierten Firmen mit Sitz in Schottland.
Elliott wirft dem Unternehmen schlechte Performance vor. Alliance-Vorstandschefin Katherine Garrett-Cox sucht Unterstützung bei den Kleinaktionären, denen sie erklärt, Elliott stehe mit seinen „störenden Aktionen“ nicht auf deren Seite. Elliott hat daraufhin eine zwölf Seiten lange Erwiderung verbreitet, in der Alliance vorgeworfen wird, die Fakten zu vernachlässigen.
Ein weiteres viel beachtetes PR-Scharmützel zwischen dem Aktivisten Nelson Peltz und dem Yale-Professor Jeffrey Sonnenfeld machte zuletzt ebenfalls Schlagzeilen. Sonnenfeld warf dem Trian Fund Management von Peltz in einem Zeitungskommentar vor, 2012 und 2014 dem S&P 500-Index hinterher gelaufen zu sein. Eine Watsche, die saß, weil Sonnenfeld einer der führenden Kritiker der Aktivisten in der akademischen Welt ist.
Peltz warf dem Professor fehlerhafte Recherchen vor und bezichtigte ihn willkürlicher Auswahl von Beispielen, weil Trian im von der Kritik nicht erwähnten Jahr 2013 satte 40 Prozent zugelegt habe. Sonnenfeld legte nach und gab zu Protokoll, dass fünf von elf Firmen, in denen Trian im Aufsichtsrat vertreten ist, seit dem Aktienerwerb durch Trian schlechter abgeschnitten haben als der S&P.
Auseinandersetzungen wie diese fordern weitere Kritik heraus. Den Aktivisten gehe es bei solchen öffentlichen Konfrontationen lediglich um billige PR, lautet eine von ihnen. Der öffentliche Lärm ruft inzwischen auch die Regulierer auf den Plan. Kritiker der Aktivisten verlangen von der Securities and Exchange Commission (SEC), dass sie dringend eine Lücke im Wertpapiergesetz schließen helfen sollte.
Es geht darum, dass ein Investor, der 5 oder mehr Prozent der Aktien an einem Unternehmen einsammelt, zehn Tage Zeit hat, bis er sein Engagement melden muss. Das sei viel zu lange und eröffne dem Insiderhandel Tür und Tor, sagen einige. Verschiedene Juristen haben daher gefordert, dieses zeitliche Fenster auf 24 Stunden zu verkürzen.
Doch die SEC hat bereits signalisiert, dass sie derzeit keine solchen Pläne hat. Im Gegenteil: Die SEC-Vorsitzende Mary Jo White nahm die Hedgefonds-Aktivisten im März sogar in Schutz. Die Marktaufseher, so White, würden renitente Investoren nicht automatisch als eine negative Kraft betrachten. „Sie durch die Bank negativ zu sehen, wäre kontraproduktiv“, sagte White bei einer Investorenkonferenz.
Mario Gabelli, der Chef der Investmentfirma Gamco Investors, rechnet dennoch schon bald mit gesetzgeberischen Maßnahmen gegen Aktivisten, die ihre Positionen mit Hilfe von Derivaten verschleiern oder auf sinkende Kurse wetten. Mit einer solchen Regulierung wären sie endgültig im Mainstream angekommen.