Der Baudienstleister Bilfinger hat am 11. Februar 2016 nach vorläufigen Zahlen einen Konzernverlust von 489 Millionen Euro im Jahr 2015 verkündet. Die Gründe: Firmenwertabschreibung in Höhe von 330 Millionen Euro, ein operativer Verluste im Energie- und Kraftwerksgeschäft, Aufwendungen für Restrukturierungen und die Aufarbeitung zurückliegender Compliance-Fälle.
Die Anleger reagierten trotz schwachem Börsenumfeld nicht mit einem Ausverkauf der Papiere. Denn der neue Vorstandschef Per Utnegaard tut, was seine Vorgänger nicht vermochten: Er hält Prognosen ein. So unterschritt der Konzern den ursprünglich geplanten Konzernverlust von 508 Millionen Euro deutlich.
„Die Entwicklung in den Geschäftsfeldern entspricht der Prognose, die wir im Sommer aufgestellt hatten“, ließ sich Vorstandschef Per Utnegaard dann auch in einer Pressemitteilung zitieren.
Zwar lag das um zahlreiche Einmalaufwendungen bereinigte Ebita mit 186 Millionen Euro erwartungsgemäß deutlich unter dem Wert des Vorjahrs. Doch auch hier übertraf Bilfinger den im August 2015 prognostizierten Wert von 150 bis 170 Millionen Euro.
Die Leistung des Bilfinger-Konzerns stieg im Geschäftsjahr 2015 um 4 Prozent auf 6,482 Milliarden Euro. Der Auftragseingang belief sich auf 6,825 Milliarden Euro. Dies entspricht einem Anstieg um 24 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert. Der Auftragsbestand zum Jahresende 2015 legte um 10 Prozent auf 4,824 Milliarden Euro zu.
Wie erwartet, hat vor allem der Ölpreis dem Konzern die Bilanz getrübt. Während Teile des Geschäftsfelds „Industrial“ unter der Zurückhaltung der Öl- und Gaskunden litten, konnte aber zumindest das Geschäftsfeld „Building and Facility“ wichtige Serviceverträge verlängern und Neukunden gewinnen, teilte Bilfinger mit.
„Auch wenn wir im vergangenen Jahr bereits einige wichtige Themen voranbringen konnten, liegt ein anspruchsvolles Jahr 2016 vor uns“, sagte Bilfinger-Chef Utnegaard laut Mitteilung. „Neben dem notwendigen Umbau des Konzerns werden wir gezielt in Wachstumsinitiativen investieren, um Bilfinger fit für die Zukunft zu machen.“
Wie dieser Umbau aussehen wird, das hatte der neue Konzernchef bereits im August 2015 skizziert. Vor dem Hintergrund von sechs verfehlten Gewinnprognose unter seinen Vorgängern Roland Koch und dem reaktivierten Interimschef Herbert Bodner, hatte der Norweger Utnegaard praktisch die Strategie auf den Kopf gestellt.
Wollte Bilfinger unter Roland Koch vom Tunnelbau in Australien, über Brücken in den USA, hin zu Wohnblocks in Dubai und Ölplattformen in der ganzen Welt praktisch überall mitmischen, gab Utnegaard als neues Motto aus: „Fokus, Fokus, Fokus.“ Und anstatt, wie einst unter Koch als Devise ausgegeben, den Europa-Anteil des Konzerngeschäfts zu verringern, nannte Utnegaard Europa als Kernmarkt.
Statt Synergien der vielen Sparten Bilfingers zu heben, wie von Koch postuliert, setzt Bilfinger unter Utnegaard auf die zwei Kernsegmente Industrial sowie Building and Facility, die praktisch unabhängig voneinander agieren sollen.
Und anstatt weiter auf Einkaufstour zu gehen, wie es Roland Koch tat, stellte der neue Chef rund ein Drittel des Konzerns zum Verkauf. Wobei es auch hier voran geht.
Anfang Februar verkündete Bilfinger den Verkauf der Konzerndivision Water Technologies, die 2015 mit rund 1600 Mitarbeitern eine Leistung von knapp 300 Millionen Euro erwirtschaftet hatte. Käufer war die chinesische Chengdu Techcent Environment Gruppe. Der Nettoveräußerungserlös für Bilfinger wird sich, nach Abzug verkaufsbezogener Aufwendungen, auf rund 200 Millionen Euro belaufen.
Doch so ganz ungetrübt ist die Bilanz dieses Verkaufs dann doch nicht. Denn ob es ein gutes Geschäft war, ist fraglich. Im Januar 2013 hatte der Konzern unter Roland Koch noch 160 Millionen Euro für den US-amerikanischen Wassertechnikspezialisten Johnson Screens bezahlt, der ab dato mit rund 1200 Mitarbeitern und einer Jahresleistung von rund 160 Millionen Euro rund die Hälfte der Sparte ausmachte.