Rabenschwarzer Tag für Hugo Boss: Das Modeunternehmen hat seine Gewinnprognose für das Jahr 2016 schon am 23. Februar 2016 kassiert. Zu schlecht laufen nach eigenen Angaben die Geschäfte in wichtigen Exportmärkten, als dass sich der Gewinn ausreichend schnell bekrabbeln könne. Im Gegenteil:
„Das operative Ergebnis des Konzerns wird im Jahr 2016 im niedrigen zweistelligen Prozentbereich gegenüber dem Vorjahr zurückgehen“, warnte der Konzern aus Metzingen in einer Adhoc-Mitteilung. Der Umsatz aber werde währungsbereinigt wohl im mittleren einstelligen Prozentbereich steigen.
Die Meldung scheint die Anleger auf dem falschen Fuß erwischt zu haben. Binnen Minuten trennten sich Investoren in Scharen von ihren Hugo-Boss-Aktien: So kosteten die Titel am 23. Februar 2016 um 17 Uhr noch etwa 69,80; zu dieser Zeit hatte Hugo Boss seine Gewinnwarnung publik gemacht. Doch nur 30 Minuten später war der Kurs der Hugo-Boss-Aktie schon auf 55,60 Euro zusammengesackt. Das ist ein Minus von gut 20 Prozent in einer halben Stunde.
Am folgenden Handelstag setzte sich der Ausverkauf auch noch fort. Bis 10.45 Uhr am 24. Februar 2016 gab die Hugo-Boss-Aktie um weitere 6,5 Prozent auf dann nur noch 52,30 Euro nach. Zusammen mit den Vortagsverlusten stand zu diesem Zeitpunkt also ein Minus von rund 27 Prozent auf den Anzeigentafeln der Börse. Damit summiert sich das Kursminus seit Anfang April 2015 auf mehr als 50 Prozent. Die Hugo-Boss-Titel stürzten somit unter das Niveau von Oktober 2011.
Grund für den erwarteten Gewinngang bei Hugo Boss ist offenbar ein Minus vor allem in großen Schwellenmärkten, aber auch in manchen etablierten Wirtschaftsregionen. So warnte Hugo-Boss-Chef Claus-Dietrich Lahrs bereits im Jahr 2015: „Während in der Region Europa ein weiterhin solides Umsatzwachstum erzielt wurde, verzeichneten die beiden Regionen Asien und Amerika Rückgänge.“
Hugo Boss hat deshalb angekündigt, die Verkaufspreise in Asien und vor allem China stärker denen in den Hugo-Boss-Geschäften in Europa und Amerika anzugleichen. Zudem will das Modeunternehmen seinen Vertrieb in Amerika umkrempeln, um sich „dem dortigen rabattintensiven Marktumfeld bestmöglich zu entziehen“.
Ob das reichen wird, um beispielsweise das Minus in China auszugleichen? Die Wirtschaft des asiatischen Riesenreichs ist in vielerlei Hinsicht von ihrem langjährigen, schnellen Wachstumspfad abgekommen. So knickte Chinas Außenhandel beispielsweise im Januar 2016 nach Angaben der Zollverwaltung in Beijing vom 15. Februar 2016 deutlich ein: Exportiert worden seien 6,6 Prozent weniger Waren als im entsprechenden Vorjahresmonat, die Einfuhren blieben mit einem Minus von 14,4 Prozent noch stärker zurück.
Alarmzeichen auch an anderer Stelle: Chinas Stahlerzeuger fluten mangels heimischer Nachfrage die internationalen Märkte mit gewaltigen Preisnachlässen, wie europäische Konkurrenten beklagen. Somit fielen auch die Erzeugerpreise in China insgesamt nach Angaben des chinesischen Statistikamts vom 18. Februar 2016 im vierten Jahr in Folge.
Zugleich will das Land 1000 Zechen wegen Kohleüberproduktion schließen, und parallel setzen Börsenturbulenzen der dortigen Wirtschaft zu. Entsprechend zurückhaltend gehen Chinas Konsumenten einkaufen – offenbar auch bei Hugo Boss.
Trotz des erheblichen Kursrückgangs der Aktien des deutschen Modeunternehmens raten Analysten den Anlegern jetzt zum Verkauf der Titel. Wer sie noch besitze, so der Rat, solle die bisherigen Verluste hinnehmen und lieber weitere vermeiden. So hat Societe-Generale-Analyst Thierry Cota die Hugo-Boss-Aktien auf „Verkaufen“ abgestuft und sein Kursziel für dieses Wertpapier von zuvor 72 auf nunmehr nur noch 45 Euro zusammengestrichen. Auch Analyst Christopher Walker von Nomura rät zum Verkauf der Hugo-Boss-Anteilsscheine.
Spekuliert wird an der Börse, ob der Kurssturz der Hugo-Boss-Aktie einen Effekt auf ein Dax-Unternehmen haben könnte, nämlich auf K+S. Dessen Aktienkurs ist in den vergangenen Monaten ebenfalls stark gesunken, droht deshalb sogar aus der Liste der Dax30-Werte gestrichen zu werden, etwa durch einen außerordentlichen Indexumbau. Doch nun ist Hugo Boss als Indexkonkurrent für K+S hinter K+S zurückgefallen, so dass der Düngemittelriese dem befürchteten „Fast Exit“ aus Deutschlands Topaktienindex entgehen könnte.