Die Hugo-Boss-Aktionäre sind überrascht, und zwar positiv: Das Modeunternehmen wird ihnen nicht die Dividende zusammenstreichen, wie wohl viele Investoren zuvor gefürchtet hatten. Es bleibt bei 3,62 Euro, wie das Unternehmen am 10. März 2016 mitgeteilt hat. Die Ausschüttungsquote wird bei 78 Prozent liegen.
Das Ausmaß der angenehmen Überraschung lässt sich an der Entwicklung des Hugo-Boss-Börsenkurses ablesen. Der Preis für die Anteilsscheine des Großschneiders kletterte in den frühen Handelsstunden des 10. März 2016 in der Spitze um 5,3 Prozent auf 56,85 Euro. Das war weit mehr, als der MDax zeitgleich zulegen konnte, in dem das Unternehmen gelistet ist.
Langfristig orientierten Anlegern hat dieser Aufwärtsruck allerdings kaum eine Linderung der zuvor erlittenen Kursverluste der Hugo-Boss-Aktien gebracht. So notierten die Papiere noch im Oktober 2015 deutlich über der 100-Euro-Marke. Anfang März 2016 ist davon mit rund 55 Euro nur noch knapp die Hälfte übrig.
Allein im Februar 2016 beispielsweise sackten die Papiere um teils 20 Prozent ab. Das deutsche Modehaus hatte berichten müssen, seine Gewinnziele nicht mehr erreichen zu können. In 2016 bleibt 10 Prozent weniger Ertrag, als bisher angekündigt.
Unter dem Strich blieben im Jahr 2015 schließlich 319 Millionen Euro übrig, was bereits im Vergleich zu 2014 einem Minus von 4 Prozent entsprach.
An der schwächelnden Gewinnentwicklung hat sich zuletzt nichts geändert, der Konzern will deshalb gegensteuern. Allein in China sollen 20 Geschäfte schließen, teilte das Unternehmen aus Metzingen mit. Zuletzt war der Umsatz dort deutlich gesunken. In ganz Asien sank der Hugo-Boss-Umsatz im Jahr 2015 um 3 Prozent.
Besonders bitter für das deutsche Modehaus: Als europäischer Anbieter konnte das Unternehmen in Asien bislang vergleichsweise hohe Preise für seine Produkte fordern. Der Exklusivitätsbonus trieb die Verkaufspreise deutlich über das Hugo-Boss-Preisniveau in Europa.
Im laufenden Jahr 2016 soll nun zumindest der Umsatz wieder leicht zulegen. Hugo Boss peilt nach eigenen Angaben ein Plus „im niedrigen einstelligen Bereich“ an. Erzielen soll das allerdings ein neuer Konzernchef. Nur: Der ist noch nicht gefunden.
Nach knapp acht Jahren bei Hugo Boss hat der bisherige Vorstandschef Claus-Dietrich Lahrs seinen Job aufgegeben. Kurz nach Bekanntgabe der Gewinnwarnung für 2016 trat er am 24. Februar 2016 von seinem Posten ab. Lahrs war einst von dem damaligen Hugo-Boss-Großaktionär und Finanzinvestor Permira zu dem Metzinger Unternehmen geholt worden. Bis auf Weiteres hat dort jetzt das verbliebene Management das Ruder übernommen, rund um Finanzchef Mark Langer.
Beobachter gehen davon aus, dass auch unter einem neuen Konzernchef vorerst die Expansionsphase von Hugo Boss beendet sein dürfte. Jahre lang hatte das Unternehmen viel Geld in eigene Shops investiert. Weltweit kamen die Metzinger in 2015 so auf 1113 Filialen, das waren 72 mehr als noch im Jahr 2014. In diesem Jahr will Hugo Boss nun weniger als 20 neue Läden aufmachen und die Investitionen von 220 Millionen in 2015 auf unter 200 Millionen Euro in 2016 sinken.
Nach Meinung von Branchenexperten könnte Hugo Boss auch den Vertrieb über Verkaufsflächen anderer großer Modeeinzelhändler forcieren, etwa über Geschäfte von P&C aus Düsseldorf oder des Stuttgarter Handelshauses Breuninger. Die Vertriebskosten solcher Shop-in-Shop-Konzepte gelten in der Modebranche als niedriger.
Die Entscheidung darüber dürfte der neue Chef treffen. Wenn er gefunden ist.