Erfolgsmeldungen geben Unternehmen freiwillig heraus. Die Deutsche Telekom beispielsweise berichtete in den vergangenen Tagen unaufgefordert, dass sie eine „nie dagewesene Nachfrage beim Verkauf schneller Breitbandanschlüsse erlebe“.
Vor allem in mittleren und kleineren Städten in Deutschland sei es dem Konzern gelungen, bereits Verträge mit Kunden abzuschließen, bevor die technische Infrastruktur für das fixe World Wide Web überhaupt realisiert worden wäre.
Die starke Nachfrage kommt nicht von ungefähr. Lange hat sich die Konkurrenz der Kabelnetzbetreiber vor allem auf Deutschlands Ballungsgebiete konzentriert. Und in den Städten verkauften die Telekom-Konkurrenten Jahre lang erheblich mehr Breitbandanschlüsse, etwa via Fernsehkabel, als der Ex-Monopolist – dank aggressiver Preise.
Mittlerweile hat die Telekom aufgeholt, teilweise sogar Konkurrenten abgeschüttelt. Und erst jetzt fokussiert die Telekom ihre Anstrengungen auf die mittelständischen und ländlichen Regionen, wo ihre Wettbewerber nur selten oder gar nicht aktiv sind. Bisher zumindest.
Nach Unternehmensangaben haben so bereits 10 Prozent der von der Telekom im Vorfeld informierten Haushalte feste Verträge für das schnelle Internet abgeschlossen, und die Liste der Fast-Fest-Entschlossenen sei noch länger. Bereits im Herbst will die Telekom weitere Milliarden investieren, dann soll die Geschwindigkeit der VDSL-Anschlüsse dank neuer Technologien sogar verdoppelt werden.
Technisch ist die Breitbandtechnologie VDSL (Very Hight Speed Digital Subscriber Line) im Vergleich zum klassischen DSL aktuell schlicht und ergreifend deutlich schneller. Mit VDSL kann derzeit für Endkunden eine Übertragungsgeschwindigkeit von maximal 50 MBit/s in Empfangsrichtung (englisch: Downstream) und 10 MBit/s in Senderichtung (englisch: Upstream) via Telefon-Kupferkabel erreicht werden.
Da bereits ab einigen Hundert Meter Entfernung zwischen Vermittlungsstelle und Endgerät die Übertragungsrate für die Daten deutlich sinkt, darf der Abstand zwischen den beiden Geräten für umfangreiche Multimediaangebote nicht zu groß werden.
Die grauen Telefonkästen in den bundesdeutschen Straßen sollen daher aufgerüstet werden – VDLS Vectoring macht‘s möglich. Vereinfacht dargestellt, werden dabei mittels einer Software im Anschlusskasten die wechselseitigen Störungen der VDSL-Signale eliminiert und höhere Übertragungsraten möglich.
Dank dieser Technologie will die Telekom ihre wirtschaftlich längst abgeschriebenen Kupferkabel bis zum Jahr 2016 mit erheblichen Investitionen aufrüsten und dann etwa 60 Prozent der bundesdeutschen Haushalte mit Breitbandanschlüssen versorgen.
„Unterstützung erhält die Telekom dabei von der Bundesnetzagentur“, erklärt Wolfgang Specht, IT-Analyst beim Bankhaus Lampe in Düsseldorf. Denn pro Leitungskasten kann immer nur ein Netzbetreiber das Verfahren einsetzen, mehrere Teilnehmer schalten sich technisch gegenseitig aus.
In Deutschland soll nach den Plänen der Bundesnetzagentur die Deutsche Telekom künftig ihren Wettbewerbern zwar grundsätzlich den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung gewährend. Setzt sie aber Vectoring ein, muss sie es eben nicht – um den reibungslosen technischen Ablauf zu garantieren.
Die Telekom hat mit VDSL-Vectoing gerade auf dem Land daher große Pläne: Künftig soll die Geschwindigkeit durch VDSL-Vectoring im Kupferkabel auf bis zu 100 MBit/s im Downstream und 40 MBit/s im Upstream aufgestockt werden. Dank der hohen Datenraten wären dann umfangreichen Multimediapakete problemlos abrufbar.
Mit VDSL können vor allem sogenannten Triple-Play-Angebote verkauft werden, bei denen Internetzugang, Telefon und Fernsehen über nur einen Anschluss laufen. Wer beispielsweise als Großfamilie oder in Wohngemeinschaften mit mehreren Anschlüssen gleichzeitig das Internetz nutzt, ist mit VDSL gut bedient. Video on Demand Angebote und TV-Empfang in HDTV-Qualität ist mit VDSL ebenfalls kein Problem.
Mit diesen umfangreichen Unterhaltungsangeboten ist die Telekom auf dem Land fast konkurrenzlos, denn Mitbewerber können dort oft gar keine Anschlüssen anbieten oder sind auf die Vorleistungen der Telekom angewiesen.
Insbesondere Kabelnetzbetreiber, die in den Städten Kombiprodukte für Fernsehen, Telefon und Internet anbieten, sind dann auch in den ländlichen Regionen nicht vertreten. „Bundesweit haben eben nur zwei Drittel aller Haushalte TV-Kabel“, erläutert Wolfgang Sprecht. Und Empfangsmöglichkeiten auf Mobilfunkbasis sind derzeit von ihrer Leistungsfähigkeit her noch keine Alternative.
Die große Nachfrage nach VDSL-Anschlüssen in ländlichen Gebieten verwundert also nicht. Und der Magenta-Riese wehrt sich damit auch gegen Stimmen, die behaupten, der Konzern behandle Landbewohner als Kunden zweiter Wahl. Im offiziellen Blog der Telekom schreibt das Unternehmen, dass es jedes Jahr über drei Milliarden Euro ins Netz investiere – auch wenn man nicht überall sein könne.
Erst vor wenigen Wochen sei der fünftausendste Kooperationsvertrag unterzeichnet worden: mit dem Ort Maria Thalheim in Bayern, nur 560 Einwohner klein. Telekom-Chef Tim Höttges jedenfalls sagt zum Ausbau des Breitbandnetzes im ländlichen Raum.
„Unser Ziel ist es, möglichst vielen Menschen einen schnellen Internet-Anschluss zu bieten. Die Initiative ‚Mehr Breitband für Deutschland‘ ist dafür ein wichtiger Baustein“, sagte Höttges.
Kritiker und die Konkurrenz sehen das natürlich anders und sprechen von einer Monopolstellung des Magenta-Konzerns und preisen dagegen die Leistungen der eigenen Mitgliedsfirmen. Der Bundesverband Breitbandkommunikation teilt dann auch auf Nachfrage mit: „Die 16 Mitgliedsunternehmen sorgen gerade im ländlichen Raum für einen hohe Breitband-Abdeckung durch den Bau von NGA-Netzen – noch vor der Telekom.“
Nach ihrer Sicht stecken die Bonner ihr Geld vor allem ins Vectoring, also in die bereits abgeschriebene Infrastruktur des Kupfernetzes. Wahrlich fortschrittliche Technologie mit hohen Investitionen sieht ihrer Ansicht nach anders aus.