Die Markt für Neuemissionen in Deutschland ist 2014 wieder in Fahrt gekommen. Die sechs Börsendebütanten, die bis Ende Juni den Schritt aufs Parkett wagten, brachten im ersten Halbjahr rund eine Milliarden Euro Platzierungsvolumen.
Für Martin Steinbach, Leiter des Bereichs IPO und Listing Services bei der Prüfungs- und Beratungsfirma EY ist das ein gutes Zeichen für das zweite Halbjahr:
„Wir sind mit den IPO-Aktivitäten aus dem ersten Halbjahr auf gutem Wege, bis zum Jahresende die geschätzten 10 bis 15 Börsengänge zu erreichen. Und das nachdem der weltweite IPO-Boom im ersten Quartal an Deutschland vorbeigegangen ist.“
Tatsächlich eröffnete das österreichische Immobilienunternehmen Buwog mit einem Dual Listing – einer gleichzeitigen Notiz an zwei Börsenplätzen – erst im April dieses Jahres den Reigen der Börsendebütanten. 13 Euro lautete der Wert für die Erstnotiz des Unternehmens an der Kurstafel.
Dabei hatte das Unternehmen im Zuge seiner Abspaltung von der Wiener Immofinanz keine neuen Aktien platziert, sondern die Papiere waren den Investoren der Immofinanz zu einem Kurs von 20 zu 1 übertragen worden. Aktuell notiert das Papier bei 14,20 Euro, also knapp über dem Ausgabekurs. Ein magerer Gewinn für die Altaktionäre, aber immerhin ein Gewinn.
Der erste echte Börsengang in Deutschland fiel dagegen weitaus holpriger aus: Im Mai ging der 3D-Drucker-Hersteller SLM an die Börse. Die Lübecker konnten nur 10 Millionen statt der geplanten 11,2 Millionen Aktien zuteilen – und das auch nur zu einem Erstausgabepreis von 18 Euro, also am unteren Ende der Zeichnungsspanne von 18 bis 23 Euro.
Der niedrige Preis war Experten zufolge dem schlechten Kapitalmarktumfeld für die 3D-Druck-Technologie geschuldet, die zum Zeitpunkt des Börsengangs weltweit teils hohe Verluste einfahren mussten. Aktuell notiert das Papier bei 20 Euro, konnte also trotz des widrigen Umfelds Boden gut machen.
Die Nummer drei auf der Debütantenliste 2014 war der Gasdruckfedernspezialist Stabilus, ein Automobilzulieferer, der sich auf die Produktion von Gasdruckfedern konzentriert. Diese Federn werden beispielsweise zum Öffnen von Autoheckklappen oder zur Höhenverstellung von Lenkrädern benötigt. Der Emissionspreis lag am 24. Mai bei 21,50 Euro und kletterte zuletzt auf 24,23 Euro.
Auch aus dem Reich der Mitte wagte ein Automobilzulieferer den Weg aufs Parkett: der Fahrzeugteilehersteller JJ Auto. Dessen Börsengang verlief allerdings eher stolpernd. Im Vorfeld musste das Unternehmen die Preisspanne für seine Anteilsscheine senken. Letztlich starteten die Chinesen bei 7,17 Euro und sammelten statt der erhofften 16 Millionen Euro nur 700.000 Euro bei den Anlegern ein.
Zuletzt sank das Papier auf 5,70 ab – der Blick auf die Kursentwicklung ist also ernüchternd. Wie übrigens bei fast allen der bisher 25 chinesischen Unternehmen, die in Frankfurt an die Börse gegangen sind.
Gerade große institutionelle Anleger machen um die Papiere eher einen Bogen; ihnen sind die Geschäftsmodelle und Kennzahlen der Börsenneulinge häufig zu intransparent. So besteht auch für Privatanleger wenig Anreiz, den Großen zu folgen.
Ende Juni kam als bisher letzter Kandidat der österreichische Ziegelhersteller Braas Monier an die Börse. Mehr als 22 Millionen Aktien wurden für 24 Euro pro Papier emittiert, das lag am unteren Ende der Spanne von 23 bis 28 Euro für die Erstnotiz.
An der Börse war das Unternehmen mit seinen 7400 Mitarbeitern zuletzt mit 23,10 Euro pro Aktie im Handel bewertet. Tendenz: leicht steigend.
Zur Jahreshälfte zeigt sich also ein eher durchwachsenes Bild bei den bisherigen Börsengängen, für das zweite Halbjahr sind „die jüngsten Börsengänge aber ein sehr ermutigendes Signal für den deutschen IPO-Markt. Und weitere Kandidaten stehen in den Startlöchern.
„Neben mehreren größeren Neuemissionen sind in den nächsten Monaten auch einige Börsengänge mit einem Emissionsvolumen von bis zu einer halben Milliarde Euro möglich“, glaubt Martin Steinbach von EY.
Ähnlich sieht das auch Klaus Fröhlich, verantwortlich für das deutsche und österreichische Kapitalmarktgeschäft der US-amerikanischen Bank Morgan Stanley: „2013 war ein gutes Jahr, 2014 wird noch viel besser werden“. Fröhlich kann sich gut vorstellen dass in diesem Jahr noch eine Reihe von Unternehmen den Weg an die Börse wählen, darunter fünf größere IPOs
Eigentlich kein Wunder. Schließlich herrschen derzeit ideale Bedingungen am deutschen Kapitalmarkt.
Zu nennen ist die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, die den deutschen Aktienleitindex Dax erst im Juni über die bisherige Rekordmarke von 10.000 Zählern getragen hatte; aktuell rangiert das führende Frakfurter Börsenbarometer um die 9900 Zähler.
Darüber hinaus trägt zur guten Stimmung laut Steinbach auch das positive gesamtwirtschaftliche Umfeld sowie die geringe Volatilität bei. Auch er erwartet für das gesamte Jahr 2014 insgesamt bis zu fünfzehn Börsengänge.
Kandidaten für das Parkettdebüt sind im zweiten Halbjahr schon benannt. Dazu gehören der Möbelkonzern Steinhoff, der Kabelanbieter Telecolumbus sowie eine Reihe von Immobilienunternehmen, beispielsweise Acrest, einen Spezialisten für Handelsimmobilien aus Berlin, Cerberus Immobilien, die Immobilientochter des US-Finanzinvestors oder auch Vitus Immobilien.
Auch der Automobilzulieferer Hella hat Interesse an einem Börsengang gezeigt. Zudem wird das Parkettdebüt des Online-Händlers Zalando der Brüder Samwer erwartet, der mit fast vier Milliarden Euro bewertet wird.
Vielleicht schreien ja bald Aktionäre und solche, die es werden wollen, vor Glück. Und nicht nur Schuhfetischisten.