Selten hat ein deutsches Unternehmen solange mit seinen Mitarbeitern um neue Tarife gerungen: Gut drei Jahre voller Streiks und Verhandlungen hat die Lufthansa benötigt, um sich mit ihrem Kabinenpersonal unter anderem auf neue Entgelte zu einigen. Den Durchbruch hat jetzt eine Schlichtung gebracht.
Nach Unternehmensangaben wurde unter Vorsitz des ehemaligen brandenburgischem Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) eine Einigung mit der Lufthansa-Mitarbeitervereinigung Ufo erzielt.
Das Schlichtungsergebnis sei von beiden Seiten akzeptiert worden, teilte Ufo am 30. Juni 2016 in Frankfurt am Main mit. Details sollen am 5. Juli 2016 veröffentlicht werden. „Bis dahin werden wir letzte Details vereinbaren“, sagte die Lufthansa in einer Stellungnahme.
Das Kabinenpersonal, vereinigt in der Vertretung Ufo, hatte bereits nach einer vorläufigen Einigung im Januar 2016 auf weitere Streiks bis Ende Juni 2016 verzichtet. Das Zugeständnis kam, nachdem Ufo im November 2016 die Fluglinie für etwa eine Woche lahmgelegt hatte.
Eine halbe Million Passagiere waren schätzungsweise betroffen, es war der längste Streik in der Geschichte der größten hiesigen Fluggesellschaft.
Die Bekanntgabe der Schlichtung hatte direkt Wirkung auf den Aktienkurs der Lufthansa. Die Papiere verteuerten sich am 30. Juni 2016 um rund 1,4 Prozent auf 10,67 Euro. Auf Einjahressicht steht allerdings immer noch ein Minus von 8,13 Prozent, in der Dreijahresbetrachtung sind es 31,44 Prozent.
Nach Meinung von Analysten kann das positive Momentum der Einigung allerdings von den Folgen des EU-Austritts der Briten für den Flugverkehr in Europa zunichte gemacht werden. Analystin Alexia Dogani von der US-Investmentbank Goldman Sachs etwa rechnet allein durch diesen Effekt mit einem Absacken des Lufthansa-Aktienkurses auf 10,00 Euro. Bisher hielt sie ein Plus auf der Lufthansa-Titel auf bis zu 14,70 Euro für möglich.
Noch nicht beigelegt ist für die Lufthansa zudem die zähe Auseinandersetzung mit ihren Piloten. Dieser Streit zieht sich nun schon rund vier Jahre hin. Dabei geht es beispielsweise um Übergangszahlungen in die Rente für die Pilotinnen und Piloten der Fluggesellschaft. Aber nach Meinung von Experten auch um den unternehmerischen Kurs der Lufthansa.
Das Frankfurter Unternehmen versuche, mehr und mehr Geschäft in kostengünstigere Tochterunternehmen wie Eurowings zu verlagern – womöglich zum Schaden für die etwa 5000 Pilotinnen und Piloten der Lufthansa-Stammbelegschaft, werfen diese Konzernlenker Karsten Spohr vor. Auch deshalb, so die Meinung der Beobachter, haben sie im Rahmen dieser Auseinandersetzung bisher 13 Mal gestreikt.
Das Hessische Landesarbeitsgericht hat allerdings am 9. September 2015 weitere Arbeitsniederlegungen der Pilotinnen und Piloten aus diesem Grund untersagt; das Gericht erließ dazu eine einstweilige Verfügung gegen die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC).
Die Kammer war der Auffassung, dass es der Gewerkschaft auch darum gehe, beim Low-Cost-Konzept des Konzerns mehr Mitsprache zu bekommen. Damit sei der Streik rechtswidrig. Seitdem allerdings hat sich die Lufthansa noch nicht mit ihren Flugzeugführern einigen können.
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