Besser kann es nicht zusammenpassen: Die Auszeichnung ‚Der beste Geschäftsbericht‘ des Jahres wurde am 9. September 2016 vom Wirtschaftsmagazin Bilanz genau dort vergeben, wo die Aktiengesellschaften in Deutschland im Spotlicht der Öffentlichkeit stehen – im Festsaal der alten Frankfurter Börse.
Umgekehrt steht der Markenname der Wirtschaftszeitschrift Bilanz eben dafür, was in den Geschäftsberichten der Gesellschaften ihren Niederschlag findet: die aufbereitete Bilanz der Konzerne.
Die Partnerschaft in der Sache arbeitete dann auch Gregor Pottmeyer heraus, Finanzvorstand der Deutschen Börse, neben IRX – dem aktionaersforum, einer der Partner der Finanz-Gala, die vom Essener Industrieunternehmen Evonik unterstützt wurde. „Der Anlegerschutz ist auch das Ziel der Deutschen Börse“, sagte Pottmeyer in seiner Eröffnungsrede.
Der Vorstand des bedeutendsten hiesigen Börsenhandelsplatzes richtete darin eine klare Forderung an die mehr als einhundert Manager der anwesenden deutschen Aktiengesellschaften auf der Gala. „Jeder Privatanleger sollte den Geschäftsbericht mit einer Stunde Lesen verstehen können.“
Das allerdings ist nicht ganz einfach. Zwar habe der Umfang der untersuchten Geschäftsberichte nach Angaben des Deutsche-Börse-Vorstands zuletzt um 6 Prozent verglichen mit dem Jahr 2015 abgenommen. Dennoch hätten die Berichte aufgrund der gesetzlichen Vorgaben teils mehrere hundert Seiten Umfang.
Pottmeyer ist sich aber sicher: Der Trend gehe langsam zu kürzeren Berichten. „Und Unternehmen können mit weniger mehr erreichen, ohne Abstriche bei der Qualität machen zu müssen.“
Dass die Geschäftsberichte durchaus Aufmerksamkeit bei den Marktteilnehmern auf sich ziehen, bestätigte Carson Block, Short Seller und Gründer des Hedgefonds Muddy Waters.
„Politiker müssen sich öffentlich erklären und rechtfertigen. Der Finanzmarkt aber hat meiner Meinung nach auch eine politische, gesellschaftliche Dimension. Entsprechend müssen sich auch die Unternehmen rechtfertigen“, sagte der Key-Note-Speaker und plädierte damit für größtmögliche Transparenz, auch mit Geschäftsberichten.
Die nutze sein Fonds regelmäßig als Teil einer umfassenderen, oft mehrwöchigen Analyse von Konzernen. „Dann wissen wir meist, ob in dem Unternehmen etwas nicht gut läuft“, sagte der US-Investor.
Zuletzt hätte sein Engagement bei dem hiesigen MDax-Konzern Ströer Media für mehr Aufmerksamkeit gesorgt, als er zuvor erwartet hatte – und auch für kräftigere Kursausschläge. Die seien aber nicht aus dem Ruder gelaufen. „Aus meiner Sicht ist Ströer nun fair bewertet“, sagte Carson Block.
Aktuell nehme sein Short-Sell-Fonds zwar durchaus auch Geschäftsberichte europäischer Firmen unter die Lupe, allerdings sei derzeit kein deutscher Konzern darunter.
Die inhaltliche Analyse der untersuchten Geschäftsberichte hiesiger Unternehmen, deren Aktien in Dax, MDax, TecDax und SDax der Deutschen Börse gelistet sind, oblag auch im Jahr 2016 dem Team um dem Münsteraner Professor Jörg Baetge, das den renommierten Wettbewerb ‚Der beste Geschäftsbericht‘ seit drei Jahrzehnten betreut – dieses Mal erstmals als wissenschaftlicher Berater, operativ von seinem langjährigen Mitarbeiter Benedikt Wünsche geleitet.
Dazu seien die Geschäftsberichte der einhundert größten Unternehmen der Dax-Segmente unter die Lupe genommen worden. Die Jury legte dabei rund 300 Kriterien für die Bewertung der Wettbewerbsbeiträge zugrunde, die mithilfe einer Checkliste abgearbeitet würden und jedermann zur Kontrolle offenlägen.
Kurioses Fundstück dabei am Rande: „Der Verpackungsspezialist Krones hat mangels Frauen in Führungsverantwortung darauf nicht etwa mit Einstellung weiblicher Führungskräfte reagiert. Sondern kurzerhand das Frauenförderziel in seinem Geschäftsbericht für erreicht erklärt – und die Frauen-Zielquote dort auf Null gesetzt“, berichtete Wissenschaftler Wünsche.
Moderatorin Annette Pawlu kürte die Gewinner des Abends: In der Kategorie Dax und Gesamtbewertung des Wettbewerbs gewann Adidas den ersten Platz in diesen beiden Kategorien. Der scheidende Konzernchef Herbert Hainer nahm die Auszeichnung stellvertretend entgegen.
„Das wir im Jahr 2016 gewonnen haben, ist kein Zufall“, sagte der Konzernchef augenzwinkernd. „Wir laufen offenbar immer in Jahren zur Höchstform auf, in denen Olympische Spiele ausgetragen werden. Denn vor dem Jahr 2016 haben wir auch in den Olympia-Jahren 2012 und 2008 die Auszeichnung gewonnen.“
Platz zwei im Dax30-Segement ging an den Vorjahressieger, die Deutsche Telekom. Den dritten Platz sicherte sich ProSiebenSat1, und damit auch an einen Vorjahressieger; in 2015 allerdings als Segmentsieger im MDax, aus dem das Medienhaus mittlerweile in den Dax aufgerückt ist.
Die Trophäe unter den MDax-Firmen sicherte sich dafür im Jahr 2016 DMG Mori. „Wir nutzen unseren Geschäftebericht jedes Jahr auf’s Neue. Er leistet ein hohes Maß an kontinuierlicher Kommunikation“, sagte DMG-Finanzvorstand Björn Biermann.
Die weiteren Preisträger im MDax: Mit Platz zwei wurde Wacker Chemie ausgezeichnet, den dritten Rang sicherte sich die Norma Group.
Unter den TechDax-Firmen gewann United Internet vor der Software AG und Freenet. Im SDax-Bereich erreichte Wüstenrot & Württembergische den ersten Platz vor Puma.