Das ist ein Signal an Europa: Frankreichs größte Bank, BNP Paribas, hat in den USA ine Rekordstrafe von 8,9 Milliarden Dollar akzeptieren müssen. Die Grande Dame der französischen Geldbranche hat US-Sanktionen gegen Iran, Sudan und Kuba verletzt und darf in den USA ein Jahr lang in den Dienstleistungssparten, in denen die Verstöße stattfanden, keine Dollar-Transaktionen abwickeln.
Solche Strafen gegen europäische Banken kommen zu einer Zeit, in der das Verhältnis zwischen den USA und Europa ohnehin belastet ist. Grund dafür sind vor allem die Spähkampagne der NSA und der aktuelle Spionage-Fall um einen Mitarbeiter des BND, der für Verstimmung im Kanzleramt sorgt.
Bundespräsident Joachim Gauck veranlasste der Fall zu der Warnung, die USA spielten „mit Freundschaft und mit enger Verbundenheit.“
Zwar wurden auch heimische Banken Ziel der US-Behörden, die nach der Finanzkrise keine hochrangigen Bankmanager bestraften und sich seitdem auf Geldwäsche, Steuervermeidung und Sanktionsverstöße konzentrieren.
Doch in Bankenkreisen außerhalb der USA wird bis nach Asien vermutet, dass die US-Regierung die Dominanz des Dollars nutzt, um ausländischen Firmen und Jurisdiktionen ihre eigenen Regeln und Standards aufzuzwingen. Zitiert werden will niemand. Aber selbst die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass die Strafserie unter Bankern in Asien und Europa als „Imperialismus“ aufgefasst wird.
In Frankreich fürchtet die Regierung, dass sich die hohe Strafe gegen BNP Paribas auf das Kreditgeschäft und damit auf die zerbrechliche Konjunktur auswirken kann. Frankreichs Präsident François Hollande sprach das Thema gegenüber US-Präsident Barack Obama an. In Paris wurde zudem auf die delikaten Handelsgespräche zwischen den USA und der Europäischen Union verwiesen.
Kurz nach Bekanntwerden der Strafe gegen BNP Paribas und des Banns gegen deren Dollargeschäfte schoss Frankreichs Finanzminister Michel Sapin am Sonntag eine Breitseite gegen den Greenback ab. Er rief zu einer Neuordnung bei der Verwendung von Devisen für den internationalen Handel auf. „Wir Europäer verkaufen uns gegenseitig Güter und berechnen das in Dollar, ist das notwenig? Ich glaube nicht“, sagte Sapin.
Christophe de Margerie, CEO von Total, Frankreichs größtem Unternehmen, stimmte öffentlich zu: „Firmen wie unsere verkaufen viel auf Dollar-Basis, aber wir wollen nicht immer mit den US-Regeln zu tun haben“, sagt er.
Regierungsvertreter aus Paris hatten im Vorfeld der Strafe gegen BNP Paribas in Washington Lobbyarbeit betrieben und darauf verwiesen, dass die Bank gegen keine europäischen Gesetze verstoßen hat. Die europäischen Seitenhiebe auf den Dollar kommen kurz nachdem Chinas Renminbi Ende 2013 den Euro und den Yen als Abrechnungswährung im Welthandel überholt hat.
Chinas staatliche Nachrichtenagentur Xinhua hatte im Herbst 2013 eine „De-Amerikanisierung der Welt“ und eine Ablösung des Dollars als Leitwährung gefordert. Seitdem schmiedet die BRICS-Staatengruppe aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika eine 100 Milliarden Dollar umfassende Devisen-Swap-Vereinbarung und will im Außenhandel miteinander den Greenback weiter zurückdrängen.
Die Commerzbank wollte zu den Berichten über die begonnenen Vergleichsverhandlungen gestern zunächst keine Stellung nehmen. Doch die Bank hatte schon im Jahresbericht angedeutet, dass sie „beträchtliche Kosten für einen Vergleich nicht ausschließen“ kann.
Auch die Deutsche Bank muss nun mit einem Vergleich rechnen. Deutschlands größtes Geldhaus hat in den beiden vergangenen Jahren addiert über fünf Milliarden Euro für Strafen und Vergleiche ausgegeben, betonte aber im Juni, bei ihren Iran-Geschäften nichts falsch gemacht zu haben. Die Deutsche Bank hat seit 2007 keine neuen Geschäfte mit dem Iran gemacht.
Die beiden großen Banken sind hierzulande nicht als erste ins Visier von amerikanischen Bankaufsehern geraten. Im April teilte die Deutsche Börse mit, Staatsanwälte in New York hätten Ermittlungen gegen die Tochter Clearstream eingeleitet. Diese soll Sanktionen gegen den Iran verletzt haben.
Schon wenige Monate zuvor hatte die Exportkontrollbehörde der USA im Rahmen eines Vergleichs wegen der selben Vorwürfe die Deutsche Börse zu einer Zahlung von 152 Millionen Dollar verdonnert. Und schon vor acht Jahren einigte sich die HypoVereinsbank mit den US-Behörden auf eine Zahlung von 29,6 Millionen Dollar, nachdem sie die Mitwirkung an Steuersparmodellen eingeräumt hatte.
Jetzt stehen nicht nur für die Commerzbank und die Deutsche Bank unangenehme Gespräche in den USA an. Auch die Credit Agricole und die Societe Generale sind aktuell ins Visier der US-Fahnder geraten.
US-Experten wie Peter Schiff, der Präsident des Investmenthauses Euro Pacific Capital, machen sich über das harsche Vorgehen der US-Behörden gegen europäische Institute Sorgen.
„Je mehr die USA den Rest der Welt mit Spionageskandalen und stattlichen Geldstrafen verärgern, desto schneller wird der Dollar seinen Status als Reservewährung verlieren“, sagt Schiff und wundert sich darüber, dass aus Berlin wegen des Spionagefalls beim Bundesnachrichtendienst keine starken Proteste kommen.
Schiff verweist auch auf die drohenden Geldstrafen gegen deutsche Banken (der Bund hält 17 Prozent an der Commerzbank) und die stark verzögerte Rückgabe des deutschen Goldes, das in New York lagert. Sein Argument: Nicht die Europäer seien von den USA abhängig, sondern umgekehrt. Der Dollar verdiene es nicht mehr, an 87 Prozent aller globalen Devisen-Transaktionen beteiligt zu sein.
„Die USA weisen heute keine der Stärken auf, die sie hatten, als der Dollar Reservewährung wurde“, so Schiff. Er verweist auf die Jahrzehnte, in denen die USA größter Exporteur waren, den größten Handelsüberschuss erzielten und über massive Ersparnisse verfügen konnten.
In der Geldbranche ist man jetzt vor allem gespannt, was in den USA auf die Deutsche Bank zukommt. Ende Dezember legte das Haus 2,3 Milliarden Euro für weitere Streitfälle vorsorglich zur Seite.
Die vielleicht größte offene juristische Baustelle ist die mögliche Verwicklung der Bank in die Manipulation der Referenz-Zinssätze Euribor und Libor.
Sowohl die interne wie auch die externen Untersuchungen im Falle Libor sind längst nicht abgeschlossen. Bei den Euribor-Zinsen verhängte die EU-Kommission in Brüssel Ende 2013 eine Rekordstrafe von 1,7 Milliarden Euro gegen sechs große Banken. Auf die Deutsche entfiel mit 725 Millionen der mit Abstand größte Teil davon. Die Kommission sah es als erwiesen an, dass die Deutsche in einem Kartell mit drei anderen Instituten den Euribor manipuliert hat.
Wie viel Deutschlands größte Bank nach einer möglichen Einigung mit der Staatsanwaltschaft in New York überweisen muss, ist noch nicht absehbar.