Vor der diesjährigen Hauptversammlung der Commerzbank am 30. April 2015 herrscht für die Aktionäre eine wechselhafte Wetterlage. Zwar sind die Unwetter der vergangenen Jahre vorüber. In Sachen Dividende ließ die Bank ihre Anteilseigner im vergangenen Jahr aber erneut im Regen stehen. Die 2012 beschlossene Strategie, das Institut bis 2016 neu auszurichten und profitabler zu machen, zeigt hingegen Fortschritte. Dennoch liegt die Ertragskraft hinter den Erwartungen.
Im vergangenen Jahr wies die Commerzbank 602 Millionen Euro Gewinn aus. Das war ein deutlicher Sprung, nach 66 Millionen im Vorjahr. Doch die großen Baustellen sind bislang noch nicht bewältigt.
Die Commerzbank verschlankt ihre Führung, streicht eine Managementebene, verlagert zwei Bereichsvorstände nach Berlin und will das Kunststück vollbringen, die rund 1100 Filialen zu größeren Einheiten zusammenzufassen – ohne deren Anzahl zu verringern.
Der Chef des Privatkundengeschäfts, Martin Zielke, wollte sich jedenfalls jüngst in einem Interview mit dem Handelsblatt nicht auf eine Reduzierung des Filialnetzes festlegen. Er argumentierte im Gegenteil, dass zwei Drittel der Commerzbank-Kunden sowohl digitale Angebote als auch eine Filiale wollten. Daher sei die Kundengewinnung zu Lasten der Konkurrenz bei einem stagnierenden Privatkundenmarkt mit weniger Filialen äußerst schwierig.
Während also zum Beispiel die HypoVereinsbank die Hälfte der Filialen schließt und die Deutsche Bank im Zuge ihrer Neuausrichtung ebenfalls eine Reduzierung erwägt, hat sich die Commerzbank öffentlich noch nicht zu einem deutlichen Schritt entschlossen.
Das Geldhaus hat zwar vor einigen Monaten in Berlin und Stuttgart große Testfilialen eröffnet, um die künftigen Angebote in einem überarbeiteten Netz zu testen. Die Pilotfilialen würden aber noch so lange weiter getestet, bis die für eine Entscheidung notwendigen Informationen vorliegen, so Zielke.
Derweil werden weiter Entscheidungswege verkürzt und Stellen gespart. Der Vertrieb wird so aufgestellt, dass mehr Kompetenzen bei Betreuern und Führungskräften vor Ort liegen. Das soll die Kundennähe verbessern.
Ein weiteres Ziel: kürzere Reaktions- und Umsetzungszeiten für die Einführung von Produkten. Bereichsvorstand Holger Werner zufolge soll der Weg neuer Produkte von der Entwicklung bis in die Filiale von derzeit bis zu sechs Wochen auf künftig zwei Wochen verkürzt werden.
Die 2014 begonnene Umstrukturierung sieht auch den Vertrieb von fremden Produkten vor, wenn sie für die eigene Kundschaft attraktiver sind als die eigenen. Und im ostdeutschen Geschäft will die Bank ihren Kunden näher rücken, in dem sie das Geschäft künftig stärker von Berlin aus führt.
Es gibt Bereiche, in denen kommt die Bank gut voran. Im Vorjahr musste sie weniger Geld für Problemkredite zur Seite legen. Auch der Wegfall zahlreicher Managementstellen hilft beim Sparen.
Dennoch hat Commerzbank-Chef Martin Blessing bereits die Erwartungen an den Fortschritt der laufenden Umstrukturierung gedämpft. So betonte er bei der Präsentation der Vorjahreszahlen: „Bei aller Zuversicht darf man nicht ignorieren, dass sich die Rahmenbedingungen für Banken verändert haben und dass das Marktumfeld für ein breites, profitables Bankgeschäft schwieriger geworden ist."
Die Warnung Blessings dürften begründet sein: Schon in der Vergangenheit hatte die Bank die eigenen Erwartungen nicht erfüllt. Die interne Planung hatte schon für 2014 einen deutlich höheren Konzernüberschuss vorgesehen.
Neben niedrigen Zinsen und strengeren Kapitalmarktvorschriften könnte auch die wirtschaftliche Stagnation in Europa es dem Commerzbank-Management erschweren, die Zielvorgaben für 2016 einzuhalten. Die wirtschaftliche Stagnation in der Euro-Zone belastet zwar das Geschäft mit dem Mittelstand, der von der Konjunktur abhängt. Dennoch ist auch hier immer noch eine begrenzte Investitions- und Kreditnachfrage der Firmen zu beobachten.
Dennoch warnte erst am 14. April der Internationale Währungsfonds vor einer andauernden Wachstumsschwäche auf dem Alten Kontinent. Wenn es so käme – und der Konzern seine Erträge nicht stärken kann – dürften wieder Zweifel und Übernahmespekulationen die Agenda beherrschen.
Bankchef Blessing hat bis 2016 eine Eigenkapitalrendite nach Steuern von 10 Prozent oder mehr in Aussicht gestellt. Auch an dieser Zahl werden Börsianer und Investoren seinen Erfolg messen, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Zuletzt wurden 7,3 Prozent Rendite auf das Eigenkapital erreicht.