Fiebrig blicken Commerzbank-Aktionäre dem nächsten Stresstest für Europas Banken entgegen. Das Management aber scheint sich seiner Sache sicher zu sein. Und lässt schon vorab einen Wohlfühl-Filialumbau testen.
Zeichnet sich für Deutschlands zweitgrößte Bank Licht am Ende des langen Tunnels ab? Seit Wochen rätseln Anleger und Analysten, ob die Commerzbank beim anstehenden Stresstest der EZB durchfallen könnte. Laut Dirk Becker, dem zuständigen Analysten beim Finanzdienstleister Kepler Cheuvreux, ist das Geldhaus einer der möglichen Durchfall-Kandidaten.
Mehr noch: Die Aktie der Bank hat seit Mai 2013 kaum zugelegt und dümpelt seit Januar des laufenden Jahres seitwärts. Anteilseigner meckern, weil sie seit sechs Jahren keine Dividende bekommen, während die variable Vergütung der Beschäftigten den jüngsten Jahresgewinn übertrifft.
Doch seit ein paar Tagen scheint sich die Lage etwas aufzuhellen. Die Bankenexpertin Carola Schuler bei der Ratingagentur Moody‘s hat keine Bedenken, dass die Commerzbank erfolgreich durch den Stresstest segeln wird. Das sagte sie, nachdem die Bankenaufsicht jetzt die Kriterien für den Stresstest veröffentlichte. Das Kreditinstitut habe genügend Kapital.
Das Bankhaus selbst ließ erst vor wenigen Tagen verlauten, es sehe einem Stresstest mit Zuversicht entgegen. Offenbar kann die Bank mit 11 Prozent statt der geforderten 8 Prozent beim Asset Quality Review das verlangte Kapitalminimum klar übertreffen. In den vergangenen sechs Monaten machte der Aktienkurs der Commerzbank dann auch einen Freudensprung von mehr als 30 Prozent auf nunmehr gut 12 Euro und kratzt jetzt an wichtigen Widerstandslinien.
Zudem startet die Bank – später als der Wettbewerber Deutsche Bank, von dem Marktteilnehmer eine Kapitalerhöhung erwarten – mit einem innovativen Filialkonzept.
In Berlin und Stuttgart wird ein Filial-Prototyp getestet, der sich anfühlt wie eine Mischung aus Apple-Shop, Wohnzimmer und Tablet-Sitzecke. Mit zusätzlicher Beratung, offener Atmosphäre und längeren Öffnungszeiten soll Kunden mehr geboten werden.
Beispiel Berlin: Für 3,7 Millionen Euro hat die Bank ihre Filiale gegenüber der Gedächtniskirche am Kurfürstendamm umgebaut. Weiche Sofas, coole Mobilgeräte und frischer Kaffee vermitteln Gemütlichkeit, zeitgemäße Beratung und gediegenen Service.
Papierlose Kontoeröffnung, Angebote per Touchscreen und schnelle Benachrichtigungen per Email sollen online-verwöhnte Bankkunden auch im physischen Bankgeschäft bei der Stange halten. Denn laut Vorstandschef Martin Blessing werden 70 Prozent der Neukunden auch heute noch in den Filialen gewonnen, und nicht online.
Allerdings: Nur wenn die Quartalszahlen in der kommenden Woche nicht enttäuschen, könnte es der Vorstand auf der nahenden Hauptversammlung des Unternehmens um einiges leichter haben, als bisher angenommen. Denn für eine gewogenere Stimmung der Aktionäre als bei der vergangenen Hauptversammlung bedarf es wohl mehr als weicher Sofas und frisch gebrühter Kaffees in umgebauten Commerzbank-Filialen.
Die Aktionäre wollen wieder eine Dividende erhalten. Und das ist für die Commerzbanker ein Problem.
Vorstandschef Martin Blessing hat erst vor wenigen Wochen zu Protokoll gegeben, er würde als vorsichtiger Kaufmann im Jahr 2014 noch nicht mit einer Ausschüttung rechnen. Erste Analysten wie Andrew Coombs von der Citigroup vermuten, dass die Anteilseigner gar erst ab 2016 wieder eine Dividende erwarten sollten.
Womöglich steigende Boni der Commerzbank-Vorstände schon jetzt also, aber zwei weitere Jahre keine Dividende für die Anteilseigner des Geldhauses? Das dürfte auf der Hauptversammlung am 23. Mai wieder für wütende Wortmeldungen von Aktionären sorgen. Und nicht nur die freiwilligen Aktionäre des Instituts dürften murren.
Die deutschen Steuerzahler wollen Gewissheit, dass sie über den Umweg des Großaktionärs Soffin – der 17 Prozent von der Bank hält – nicht mehr für Fehler des Instituts zur Kasse gebeten werden. Sie wollen nicht auf einem potenziellen Pulverfass sitzen.
Der Soffin-Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung, ist ein Sonderfonds des Bundes, der auf dem Höhepunkt der Finanzmarktkrise in Oktober 2008 im Rahmen des Gesetzes zur Finanzmarktstabilisierung eingerichtet wurde. Er ist als Bankenstütze bei Deutschlands Steuerzahlern ungefähr so beliebt wie die dividendenfreien Aktien bei den direkten Anteilseignern des Frankfurter Geldhauses.