Die nächste Runde im Abgasskandal für Volkswagen: Der größte Autohersteller Europas sieht sich einer neuen Dieselgate-Klage in den USA ausgesetzt. Wie beispielsweise das Handelsblatt berichtet, ist beim Bezirksgericht in San Francisco eine Sammelklage eingereicht worden, die Hunderte von Einzelklagen von Auto- und Autohaus-Besitzern zusammenfasst.
Die neue Sammelklage wende sich erstmals persönlich gegen die aktuelle und ehemalige Führungsriege des Volkswagen-Konzerns. Betroffen seien deshalb unter anderem Ex-VW-Chef Martin Winterkorn, VW-Chef Matthias Müller und Audi-Chef Rupert Stadler sowie die ehemaligen VW-Ingenieure Ulrich Hackenberg und Wolfgang Hatz. Auch Bosch-Chef Volkmar Denner wird genannt, weil der Autozulieferer Bosch mit seinen Produkten erst VW in die Lage versetzt habe, zu betrügen.
In den Klagen, über die zuvor bereits die „Bild“-Zeitung berichtet hatte, gehe es zumeist um Vorwürfe wegen Betrugs, Vertragsbruchs, irreführender Werbung und Wettbewerbsverzerrung.
Die US-Anwälte haben es in der Formulierung ihrer drei Klageschriften offenbar nicht an der nötigen Polemik fehlen lassen, um ihre Forderungen nach Milliarden an Schadenersatz zu stützen. „Volkswagens illegaler Komplott entstand aus Gier und der Ambition, den weltweiten Automarkt um jeden Preis zu dominieren“, zitiert das Handelsblatt aus der Klageschrift. Die Rede sei dort von einem der „unverschämtesten Unternehmensverbrechen der Geschichte“.
Besonders der ehemalige VW-Chef Martin Winterkorn hat es Anwälten offenbar angetan. In den Klageschriften heißt es laut der Bild-Zeitung: „Winterkorn wusste oder hat es leichtsinnig nicht berücksichtigt, dass die betroffenen Autos mit einer Abschalteinrichtung ausgestattet wurden, um die bundesstaatlichen und staatlichen Abgasstandards zu umgehen.“ Martin Winterkorn selbst hat Vorwürfe dieser Art bislang immer bestritten.
Nach Angaben von Bild, dpa und Handelsblatt findet sich in den 74, 90 und 719 Seiten dicken Klageschriften allerdings kein konkreter Hinweis, dass die nun persönlich beschuldigten ehemaligen und aktuellen Manager des Volkswagen-Konzerns sowie ausgewählter Zulieferer von dem Abgasbetrug gewusst hätten. Diese Schwäche könnten die US-Anwälte allerdings bald ausmerzen, so sie solche Beweise tatsächlich finden sollten.
Denn nach Einreichung der Sammelklage haben sie nun offenbar Zugang zum so genannten Discovery-Verfahren, in dem sie beispielsweise Zugriff auf VW-Dokumente und VW-Emails erhalten. „Sobald wir zum Discovery-Verfahren gelangen, werden die Beweise zeigen, dass diese Personen beim Betrug eine Rolle gespielt haben und nichts getan haben, um ihn zu stoppen“, zitiert das Handelsblatt James Pizzirusso von der Kanzlei Hausfeld, die Teil des klagenden Anwaltskonsortiums sei.
Volkswagen hat mitgeteilt, die neue Sammelklage „zur Kenntnis genommen“ zu haben. Zur Klage selbst äußerte sich der Wolfsburger Konzern bisher allerdings nicht. Sie werde nun intern bewertet.
Der Wolfsburger Dax-Konzern, zugleich Deutschlands umsatzstärkster Industrieriese, hat die Manipulation von Abgaswerten einiger seiner Dieselmotoren zugegeben. Die Manipulation mithilfe einer speziellen Software für die Motorensteuerung hatte zuvor das US-Umweltamt EPA am 18. September 2015 publik gemacht.
Im Januar 2016 hat dann das US-Justizministerium eine Zivilklage im Auftrag der EPA gegen Volkswagen eingereicht, in der VW mit einer Strafe von rechnerisch bis zu 42 Milliarden Euro gedroht wird.
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