Gegen Volkswagen bringen sich in der Affäre um manipulierte Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen immer mehr Rechtsanwälte in Stellung. Jüngstes Beispiel ist der Berliner Anwalt Christopher Rother, der in Deutschland die Geschäfte des amerikanischen Staranwalts Michael D. Hausfeld vertritt.
In einem Interview mit dem Berliner Tagessspiegel hat sich Rother jetzt dazu geäußert, wie er von den Manipulationen geschädigte Volkswagen-Kunden zu ihrem Recht verhelfen will.
Dies soll dem Anwalt zufolge mithilfe eines Rechtsdienstleisters geschehen, an den Volkswagen-Kunden ihre Schadensforderungen aufgrund des Abgasskandals abtreten müssten. Grundsätzlich hat der VW-Konzern bereits eingestanden, dass allein in Deutschland rund 2,5 Millionen Autos von den Manipulationen betroffen sind.
Rother geht dabei für jeden Kunden von einem Schadenswert von 5 bis 10 Prozent des Neupreises aus. „Im Schnitt dürfte der Schaden also bei 1000 bis 1500 Euro liegen“, sagte er dem Tagesspiegel.
Wie viele Kunden ihre Klagereche abtreten und sich – falls es nicht zu einem Vergleich mit dem Konzern kommt – anwaltlich vor Gericht vertreten lassen, ist offen. Rother geht im Tagesspiegel davon aus, dass ab rund 50.000 Geschädigten eine „kritische Masse“ erreicht sein würde, die für VW ernst zu nehmen sei. Bei einem Schadenswert von 1500 Euro pro Kläger ginge es in dieser Konstellation um 75 Millionen Euro.
In den Vereinigten Staaten, wo rund 600.000 Fahrzeuge von den Abgasmanipulationen betroffen sind, sind die Kläger schon einen Schritt weiter. Der auf Schadensersatzklagen spezialisierte Rother-Partner Michael D. Hausfeld hat dort gemeinsam mit 21 weiteren Anwälten Sammelklageschriften beim Bezirksgericht in San Francisco eingereicht. Auch andere Sammelklagen liegen mittlerweile vor Gericht.
Über die Höhe der Schadensersatzforderungen ist bislang nichts öffentlich bekannt. Auch Volkswagen äußert sich angesichts der laufenden Verfahren nicht zu den Klagen.
Bekannt ist allerdings, dass der Konzern ebenfalls juristisch aufgerüstet hat. So hat Volkswagen in den USA dem amerikanischen Star-Anwalt Kenneth Feinberg freie Hand gegeben, die Affäre um manipulierte Dieselfahrzeuge möglichst kostengünstig über einen Entschädigungsfonds beizulegen. So sollen vor allem auch weitere Sammelklagen verhindert werden.
Neben den Klagen, die aus VW-Sicht zu Milliardenzahlungen führen könnten, ist auch noch nicht geklärt, welche Kosten aus der Umrüstung der Diesel-Fahrzeuge und möglichen Strafen der US-Umweltbehörde EPA entstehen werden.
So hatte das US-Justizministerium Anfang des Jahres Zivilklage im Auftrag der EPA gegen den Konzern eingereicht. Im Raum steht eine Strafe von bis zu 46 Milliarden Dollar, was gut 42 Milliarden Euro entspricht.
Auch auf eine Rückrufaktion und die nötige Umrüstung betroffener Fahrzeuge konnte sich Volkswagen bislang noch nicht mit den US-Behörden einigen. Ein US-Richter hat in dieser Hinsicht allerdings jüngst eine Frist gesetzt. Demnach muss Volkswagen bis zum 24. März 2016 einen Plan vorlegen, wie Dieselfahrzeuge künftig frei von Manipulation und entsprechend der amerikanischen Abgasnormen umgerüstet werden sollen.
Je nach Lösung, auf die sich die Wolfsburger mit den Amerikanern einigen, dürften die Kosten angesichts der 600.000 betroffenen Fahrzeuge gewaltig schwanken.
Die Unsicherheiten aufgrund von Schadensersatzklagen, Bußgeldzahlungen und Nachrüstungsaufwand bleiben bis auf Weiteres also das größte Problem für Volkswagen. Der bislang fehlende Jahresabschluss könnte indes sich zu einem vierten entwickeln.
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