Die Aufarbeitung des Dieselgate-Skandals macht nicht nur Volkswagen-Anteilseignern und VW-Beschäftigten Sorgen. Noch immer gibt es keine Einigung mit den US-Behörden. Jetzt wendet sich auch der eigene US-Vertrieb gegen das Volkswagen-Management in Wolfsburg.
„Wir sind beunruhigt angesichts des Missmanagements des Skandals und den Folgen, die dies für die Entscheidungen der US-Behörden haben könnte“, teilte die Händler-Vereinigung am 10. März 2016 mit.
Das Aufbegehren kommt kurz nach dem plötzlichen Abgang des bisherigen Volkswagen-US-Chefs Michael Horn. Knapp sechs Monate nach Bekanntwerden der Abgasmanipulation mancher Volkswagen-Diesel-Aggregate hat der US-Manager am 10. März 2016 seinen Job aufgegeben. Womöglich war der Druck zu groß geworden: „Was werden Sie im Knast lesen?“, wurde Horn beispielsweise von einem US-Abgeordneten im Oktober 2016 bei einer Kongressanhörung gefragt.
Der gebürtige Hamburger Horn hatte allerdings das Vertrauen der mächtigen US-Vertragshändlervereinigung von Volkswagen. „Wir stehen zu 100 Prozent hinter Michael“, sagte Alan Brown, der Vorsitzende des Verbands der VW-Vertragshändler, noch im November 2015. Jetzt aber ist Horn nicht mehr da, und entsprechend harsch fällt Browns Attacke gegen Volkswagen nun aus.
„Wenn die VW-Führung in Wolfsburg nicht umgehend bestätigt, dass alle Zusagen, die Horn uns gemacht hat, eingehalten werden, dann kann ich für nichts mehr garantieren“, sagte Brown der Süddeutschen Zeitung am 10. März 2016. Er wird für übermorgen in Wolfsburg erwartet.
Ab April übernimmt nun Hinrich Woebcken den Job von Horn in den USA. Er wird zudem auch Leiter der Region Nordamerika, die das Geschäft in den USA, Kanada und Mexiko verantwortet. Woebcken soll nun mit dafür sorgen, dass Volkswagen aus der Abwärtsspirale immer neuer Vorwürfe in den USA heraus kommt.
Die Neueste: Nach Recherchen von SZ, NDR und WDR sollen VW-Techniker die Schadstoffmessungen bei Dieselfahrzeugen in den USA Ende 2014, Anfang 2015 zusätzlich manipuliert haben, obwohl VW wegen hoher Emissionswerte zu diesem Zeitpunkt bereits Ärger mit den dortigen Behörden hatte.
Zuletzt war bekannt geworden, dass die US-Behörden nun sogar mögliche Steuervergehen von Volkswagen untersuchen würden – als zusätzliche Folge aus dem Dieselgate-Skandal. Europas größtem Autokonzern droht nach einer Zivilklage der US-Regierung gegen Volkswagen ohnehin eine Strafe in zweistelliger Milliardenhöhe. Sowie beispielsweise Schadensersatz für US-Käufer von betroffenen Dieselfahrzeugen des Unternehmens.
Die finanziellen Risiken daraus sind entsprechend groß. VW-Chef Matthias Müller sagte auf der jüngsten Betriebsversammlung des Konzerns am 6. März 2016, dass „die finanziellen Konsequenzen daraus, die noch nicht in Gänze absehbar sind, substanziell und schmerzhaft“ ausfallen könnten.
VW-Markenchef Herbert Diess hat deshalb einen Zwölf-Punkte-Plan vorgelegt, der wirtschaftliche Reserven bei VW heben soll. Doch auch die Umsetzung dieses Plans scheint alles andere als einfach zu werden.
Das Ziel, die Produktivität um 10 Prozent zu erhöhen, sei „unrealistisch“, zitiert die Wirtschaftswoche VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh, „unsere Kollegen bohren ja nicht in der Nase“. Einer weiteren Leistungsverdichtung werde der Betriebsrat „nicht zustimmen“.
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