Die im Deutsche Bank AG wird sich einer freiwilligen unabhängigen Sonderprüfung durch eine externe Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unterziehen. Das ist das Ergebnis eines Vergleichs, den die DSW (Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V.) in mehr als einem Jahr dauernden Gesprächen mit dem Kreditinstitut ausgehandelt hat.
Geprüft werde im Rahmen der Sonderprüfung insbesondere, ob die aktuellen Risikokontrollsysteme der Bank ausreichen, um solche Rechtsrisiken frühzeitig zu erkennen, die zu hohen Rückstellungen führen könnten. „Das ist ein außerordentlicher Erfolg für unsere Verhandlungsdelegation einerseits und die gesamte Aktionärsdemokratie andererseits", sagte Ulrich Hocker, Präsident der DSW, laut Mitteilung.
Federführend in den Verhandlungen war die Rechtsanwaltsaktiengesellschaft Nieding + Barth, deren Gründer Klaus Nieding Vizepräsident der DSW und langjähriger HV-Sprecher bei der Deutschen Bank ist: „Es hat lange gedauert, bis die Deutsche Bank bereit war, sich zu einigen. Aber nun haben wir ein Ergebnis im Sinne der Aktionäre", sagte Nieding. Jetzt werde endlich unabhängig geklärt, ob die aktuellen Risikokontrollsysteme der Bank ausreichen, um eine Wiederholung von Fällen, wie etwa den Skandal rund um die Manipulation des Interbankenzinssatzes Libor, erfolgreich zu verhindern.
Bereits vor der letztjährigen Hauptversammlung der Deutschen Bank am 21. Mai 2015 hatte die DSW ihren Plan, eine Sonderprüfung zu fordern, öffentlich gemacht. Damals war es der Aktionärsvereinigung trotz kurzer Vorlaufzeit gelungen, die Aktienanzahl, die notwendig ist, um die Tagesordnung der Hauptversammlung um einen solchen Punkt zu erweitern, deutlich zu übertreffen. Am Ende waren fast eine Millionen stimmberechtigte Aktien registriert worden – fünfmal mehr als notwendig.
Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse war jedoch von Anfang an klar, dass eine Durchsetzung des Antrags in der HV kaum möglich sein würde. Dennoch lag die Zustimmungsquote mit 14 Prozent schon damals überraschend hoch.
Die DSW entschloss sich daher, den Antrag auf dem Gerichtsweg durchzusetzen. Im September 2015 wurde beim Frankfurter Landgericht der Antrag auf Sonderprüfung bei der Deutsche Bank AG eingereicht. Nun hat man sich außergerichtlich auf den Vergleich verständigt. „Wir sind froh über die außergerichtliche Einigung mit der Deutschen Bank. Denn nun haben wir viel schneller als gedacht unser Wunschergebnis erzielt – es wird eine Sonderprüfung geben“, so Nieding.
Noch im April 2015 hatte sich der Aufsichtsrat der Deutschen Bank um dessen Vorsitzenden Paul Achleitner eindeutig gegen die Forderungen der DSW ausgesprochen. „Der Aufsichtsrat sieht – insbesondere angesichts der Vielzahl interner und externer Überprüfungen, die speziell im Zusammenhang mit den angesprochenen rechtlichen Auseinandersetzungen stattgefunden haben und noch fortdauern – keinen Anlass, einen weiteren Prüfer mit der Beurteilung der Sachverhalte zu betrauen“, teilte die Deutsche Bank damals mit.
Angesichts dieser bereits bestehenden regelmäßigen fachkundigen Überprüfung der Entscheidungen der Verwaltung bezüglich des wesentlichen Gegenstandes der beantragten Sonderprüfung und der zum Teil noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen durch in- und ausländische Aufsichtsbehörden sei der Aufsichtsrat „der Auffassung, dass der erhebliche zusätzliche Aufwand, den eine Sonderprüfung darstellt, wie sie die DSW fordert, nicht im Interesse der Gesellschaft und ihrer Aktionäre ist“, so die Deutsche Bank damals.
Ein Jahr später nun die Kehrtwende, wobei allerdings auch die DSW der Deutschen Bank entgegen gekommen ist. Denn Gegenstand der Prüfungen werden nicht die Altfälle sein, in die die Bank verstrickt ist. Alleiniger Gegenstand sei „die Prüfung der Angemessenheit des gegenwärtigen Prozesses der Deutsche Bank AG, mit dem für die Zwecke des Konzernabschlusses rückstellungspflichtige Sachverhalte in Bezug auf Rechtsrisiken identifiziert und bewertet werden“, sagte ein Bank-Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.
Vergleichbar ist die Einigung zwischen DSW und Deutscher Bank mit einer vereinbarten Sonderprüfung, die auf Betreiben der Aktionärsschützer und des Privataktionärs Christian Strenger 2013 beim Stahlkonzern ThyssenKrupp durchgesetzt worden war. Der Essener Konzern hatte zuvor schlechte Zahlen vorgelegt, sah sich mit Kartellvorwürfen konfrontiert und litt unter den Abschreibungen auf die zwei amerikanischen Stahlwerke. Der ThyssenKrupp-Vorstand hat damals – anders als die Deutsche Bank – schnell einer Sonderprüfung zugestimmt.
So wie im Falle ThyssenKrupp, hat sich die Aktionärsvereinigung auch mit der Deutschen Bank auf die BDO Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Sonderprüfer verständigt. Der Prüfbericht soll – sobald er final vorliegt – den Aktionären der Deutsche Bank AG auf der Internetseite der Bank zur Verfügung gestellt werden.
Einfluss auf die Hauptversammlung am 19. Mai 2016 wird dies allerdings nur indirekt haben. Denn die Sonderprüfung wird wohl erst bis zur Hauptversammlung 2017 beendet sein.