Das Benimm-Video, das die Führung der Deutschen Bank kürzlich an ihre Mitarbeiter verschickte, schlug in den eigenen Reihen ein. Denn die Warnung an die Nadelstreifen-Belegschaft, jetzt nichts zu tun, was dem Ruf des Geldhauses schaden könnte, kam nur wenige Tage vor der Hauptversammlung (HV) am Donnerstag dieser Woche.
Kaum etwas könnte die blasse Furcht des Bank-Managements vor dem anstehenden Aufeinandertreffen mit den eigenen Aktionären besser in Szene setzen.
Mehr noch: Nach außen, für die Galerie der Aktionäre sozusagen, sollte der Kurzfilm wohl auch signalisieren, dass das Management ernsthaft um die Aufarbeitung der Finanzkrise bemüht ist
Zwischen den Zeilen und Pixeln des Streifens ist jedoch zu sehen, dass das zwei Jahre alte Versprechen der Co-Chefs Jürgen Fitschen und Anshu Jain, die skandalgeplagte Firmenkultur der Bank zu reformieren, noch längst nicht die erhofften Früchte getragen hat.
Eine erste Verbesserung offenbarte sich lediglich Ende April, als Deutschlands größte Bank meldete, dass sie im ersten Quartal in die Gewinnzone zurückkehren konnte. Vor allem auch, weil die enormen Aufwendungen für Vergleiche und Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Auswüchsen vor der Finanzkrise zuletzt niedriger ausfielen.
Doch das kann sich bald wieder ändern. Denn so weit wie vom Abschluss der versprochenen Kulturrevolution ist die Bank auch bei den laufenden Untersuchungen gegen sich selbst von einem Abschluss entfernt. Es könnte noch Quartale oder gar Jahre dauern, bis alle Streitfälle aufgearbeitet sind.
Die Deutsche Bank hat in den vergangenen zwei Jahren über fünf Milliarden Euro ausgegeben, um Vergleiche und Strafen für Fehlverhalten meist aus der Zeit vor 2009 zu zahlen. Ende Dezember vergangenen Jahres wurden 2,3 Milliarden Euro vorsorglich zur Seite gelegt.
Doch die vielleicht größte offene juristische Baustelle ist die mögliche Verwicklung der Bank in die Manipulation der Referenzzinssätze Euribor und Libor. Sowohl die interne wie auch die externen Untersuchungen im Falle Libor sind längst nicht abgeschlossen.
Bei den Euribor-Zinsen verhängte die EU-Kommission in Brüssel Ende 2013 eine Rekordstrafe von 1,7 Milliarden Euro gegen sechs große Banken. Auf die Deutsche entfiel mit 725 Millionen der mit Abstand größte Teil davon. Die Kommission sah es als erwiesen an, dass Deutschlands größtes Geldhaus in einem Kartell mit drei anderen Instituten den Euribor manipuliert hat.
Diese Strafe dürfte nicht die letzte sein, denn auch die Marktaufseher in den USA und Großbritannien ermitteln weiter. Vier internationale Konkurrenten der Deutschen Bank, die Schweizer UBS, Großbritanniens Barclays, die Royal Bank of Scotland und Hollands Rabobank, wurden schon zu Strafzahlungen in Höhe von insgesamt fast vier Milliarden Dollar verdonnert.
Bei der deutschen Finanzaufsicht Bafin läuft hierzu eine Sonderprüfung, und die hiesigen Aufseher haben die Deutsche Bank auch noch an anderer Stelle aufs Korn genommen.
Die Bafin und gleich mehrere nationale Behörden in Europa, den USA und Asien ermitteln auch wegen Devisenmanipulationen. Ein Verdacht wurde gegen die Deutsche nicht ausgesprochen.
Doch sie gilt als langjährig größter Devisenhändler der Welt, aktuell soll sie in diesem Geschäft nach einer Umfrage von Euromoney Institutional Investor weltweit die Nummer zwei hinter der US-Bank Citi Group rangieren.
Laut dem Wall Street Journal hat sie bisher mindestens drei Beschäftigte in Zusammenhang mit den laufenden Untersuchungen entlassen. Die Deutsche hat – wie viele ihrer Wettbewerber – in jüngster Zeit deutliche Gewinnrückgänge im Handel mit Devisen registriert.
Auch Untersuchungen zu umstrittenen Derivaten, die Banken aus Hypotheken-Forderungen gestrickt und verkauft hatten, laufen noch. Die US-Bank JP Morgan Chase musste zum Ausgleich aufgelaufener Schäden hieraus allein 13 Milliarden Dollar an US-Institutionen zahlen.
Die Deutsche Bank dagegen hatte sich im Dezember vergangenen Jahres mit der Federal Housing Finance Agency in den USA über einen Vergleich in Höhe von 1,4 Milliarden Euro geeinigt. Es ging um den Ausweis von Risiken in hypothekarisch besicherten Wertpapieren, die von 2005 bis 2007 an Fannie Mae und Freddie Mac verkauft worden waren.
Im Sommer 2013 hatte sich die Deutsche Bank mit der Stadt Los Angeles geeinigt. Es ging um den Vorwurf, die Deutsche habe zwangsversteigerte Häuser in Nachbarschaften mit niedrigen Einkommen verfallen lassen. Plötzlich war die Deutsche Bank zum ‚Slumlord‘ in den USA avanciert – nicht gerade ein Ehrentitel. Es ging um insgesamt 2200 Objekte in der Stadt.
Bis vergangene Woche war nicht ganz klar, inwieweit sich die Bank möglichen Klagen von Mietern ausgesetzt sehen könnte, die im Verlauf der Zwangsversteigerung an die frische Luft gesetzt worden waren.
Hier geht es um ein Mieterschutzgesetz, das der Kongress während der Finanzkrise verabschiedet hatte, als die Zahl der drohenden Zwangsversteigerungen eskalierte. Allein in Kalifornien verloren über 200.000 Mieter ihre Wohnungen und Häuser.
Bei den ehemaligen Bewohnern dieser Wohnungen wird die Deutsche Bank auch mit dem neuen Benimm-Video wenig an ihrem ‚Slumlord‘-Image ändern.