Urteilsverkündung nach mehr als einem Jahr Prozess: Das Landgericht München hat aktuelle und ehemalige Topmanager der Deutschen Bank am 25. April 2016 freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen, Ex-Chef Josef Ackermann und drei weiteren Angeklagten versuchten Prozessbetrug im Fall Kirch vorgeworfen. Doch nach Auffassung des Vorsitzenden Richters Peter Noll haben die Staatsanwälte ihren Vorwurf nicht ausreichend belegen können.
Zuletzt hatte der Richter einen letzten Anlauf der Staatsanwälte dazu sogar abgebogen. Die Ermittler hatten eine weitere Razzia bei der Deutschen Bank beantragt, um zusätzlich zu den bereits gesichteten tausenden Papieren noch einmal Beweise zu sichern – vergeblich. Richter Noll ließ die Aktion nicht zu.
Die Begründung dafür war deutlich: „Es ist zutreffend, dass die Kammer bei der Bewertung des Tatverdachts, den sie ja braucht, um einen Durchsuchungsbeschluss zu erlassen, ausgeführt hat, dass aus der Sicht der Kammer nach der bisher durchgeführten Beweisaufnahme ein solcher Verdacht nicht besteht“, sagte Gerichtssprecherin Andrea Titz.
Kein Wunder dann auch, dass der ehemalige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann diesen Punkt in seinem letzten Wort vor der heutigen Urteilsverkündung am 25. April 2016 aufgriff. Er warf den Staatsanwälten Voreingenommenheit vor, weil sie das Amt des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank als „strafschärfend“ angesehen hätten.
Die Verteidiger der fünf Angeklagten benötigten fünf Stunden Redezeit, um anschließend ebenfalls die Ermittler zu attackieren. So zeichnete Anwalt Werner Leitner, der die Deutsche Bank als Nebenbeteiligte vertrat, das Bild von einer Irrfahrt der Staatsanwälte. Sie hätten sich Runde um Runde in einem Kreisverkehr ihrer Argumente bewegt, dann einfach ihr Fahrzeug in diesem argumentativen Kreisverkehr abgestellt und gesagt – das Ziel sei erreicht.
Die Staatsanwälte selbst sahen ihre Vorwürfe durch das Verfahren indes bestätigt. Gemeinschaftlich hätten die aktuellen und ehemaligen Topmanager der Deutschen Bank beschlossen, im Schadensersatzprozess des ehemaligen Medienunternehmers Leo Kirch gegen die Deutsche Bank vor Gericht zu lügen und sich entsprechend abgesprochen.
Anlass für die Klage des mittlerweile verstorbenen Unternehmers Kirch und seiner Erben war ein TV-Interview des ehemaligen Deutsche-Bank-Chefs Rolf Breuer. Darin hatte er seinen Eindruck geschildert, dass „der Finanzsektor“ seinerzeit nicht mehr bereit gewesen wäre, der Kirch-Unternehmensgruppe weiteres Kapital zur Verfügung zu stellen.
Kirch selbst und anschließend seine Erben warfen Breuer vor, durch dieses Interview den folgenden Zusammenbruch der Kirch-Firmengruppe mit verursacht zu haben. Sie forderten von der Deutschen Bank deshalb zwei Milliarden Euro Schadenersatz.
Tatsächlich hatte das Oberlandesgericht München 2012 den Vorwurf für begründet erachtet, und entsprechend verurteilte es die Deutsche Bank und Breuer auch zu Schadenersatz – allerdings nicht in der Höhe, wie von den Klägern einst gewollt.
Auch das Landgericht München ging deshalb heute in seiner Urteilsbegründung davon aus, dass die Angeklagten untereinander Strategiegespräche geführt hätten. Aber es sah den Vorwurf des Prozessbetrugs nicht erfüllt, den die Staatsanwälte an zuvor mehr als dreißig Verhandlungstagen zu beweisen versucht hatten. Die Ermittler hatten dabei die schärfste Strafe unter den fünf angeklagten Managern für Ex-Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer gefordert: dreieinhalb Jahre Haft.
Die Staatsanwaltschaft kann nun in Berufung gehen. Entsprechend ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.