Es hätte ein Geschäft im Wert von geschätzten 34 Milliarden Euro werden können, verteilt auf viele Jahre. Doch ThyssenKrupp geht im Rennen um einen Rüstungsauftrag der australischen Regierung leer aus: Der Nato-Staat ordert zwölf U-Boote bei dem französischen ThyssenKrupp-Konkurrenten DCNS, wie Australiens Ministerpräsident Malcolm Turnbull am 26. April 2016 bekannt gegeben hat.
Er begründete dies damit, dass das Angebot der Franzosen den besonderen Anforderungen Australiens am meisten entsprochen habe. So sollen die Schiffe überwiegend in Australien gebaut werden, unter Einbeziehung der führenden australischen Marinewerft.
Allerdings hatte auch ThyssenKrupp den Bau der U-Boote in Australien angeboten. So hatten die Deutschen versprochen, im südaustralischen Adelaide eine große Werft zu bauen und auch die Marinewerft im westaustralischen Perth einzubinden.
Der Auftrag in zweistelliger Milliardenhöhe umfasst den Kauf der Unterseefahrzeuge, wie die Jahre lange Wartung. Beides zusammen treibt das Auftragsvolumen nach australischen Angaben auf die Summe von rund 34 Milliarden Euro.
Australien besitzt zwar schon heute eine der weltweit größten konventionellen U-Bootflotten, will aber weiter aufrüsten. Dies soll das nun mit Booten der 4000-Tonnen-Klasse geschehen. Dafür hat DCNS eine entsprechende und konventionell angetriebene Version seines 5000-Tonnen-Atom-U-Boots Barracuda angeboten. Im Jahr 2030 sollen die neuen Unterseefahrzeuge in Betrieb gehen.
An der Börse machte sich die Nachricht bemerkbar. Der Aktienkurs von ThyssenKrupp fiel am 26. April 2016 direkt zum Handelsstart um 3,96 Prozent auf rund 20,20 Euro – und zwar gegen den Börsentrend: Der Aktienindex Dax, Deutschlands wichtigstes Börsenbarometer, zog zeitgleich um moderate 0,3 Prozent an. Im Dax sind auch die Titel des Essener ThyssenKrupp-Konzerns notiert.
Zudem setzten sich die ThyssenKrupp-Aktien an die Spitze der meistgehandelten Anteilsscheine am Morgen des 26. April 2016. Mit keinem anderen Wert wurde zu diesem Zeitpunkt mehr Umsatz erzielt. Die Nachricht, den U-Boot-Auftrag nicht erhalten zu haben, scheint also einige Investoren zum Handel von ThyssenKrupp-Aktien veranlasst zu haben.
Bei dem Volumen des Auftrags wundert dies nicht. Außerdem hatten im Vorfeld der Auftragsvergabe vor allem australische Zeitungen einen bizarren Hype um den Dreikampf der Bieter veranstaltet.
Neben der Kieler Werft ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) hatte sich ein japanisches Konsortium um Mitsubishi Heavy Industries und Kawasaki Heavy Industries sowie die letztlich erfolgreiche und zu zwei Dritteln vom französischen Staat kontrollierte DCNS beworben.
Die konservative australische Wochenzeitung „The Australien“ hatte dabei mehrfach vermeintliche Quellen zitiert, die nahe gelegt hätten, die Japaner bekämen den Zuschlag. Zitiert wurden dabei meist ungenannte Quellen aus den USA und Australien.
Dem widersprochen hatte die australische Wochenzeitung „The Saturday Paper“. Sie ging davon aus, dass es wohl auf „das Boot“ hinauslaufen werde, also einen Zuschlag für ThyssenKrupp Marine Systems. Wobei vor allem die Erfahrung der Deutschen, die seit 1960er Jahren rund 160 U-Boote ausgeliefert haben, als Pluspunkt gegenüber den unerfahreneren Japanern genannt wurde.
Auch für die Deutschen spreche, so die Zeitung vor der Auftragsvergabe, das die australische Werft ASC, die den Auftrag gemeinsam mit dem ausländischen U-Bootbauer abwickeln wird, zuletzt schlechte Erfahrungen mit einem spanischen Konsortium gemacht habe. So liegt der aktuelle Bau dreier Lenkwaffenzerstörern drei Jahre hinter dem Zeitplan und eine Milliarde australische Dollar (685 Millionen Euro) über dem Budget.
Am Ende setzte sich in DCNS jenes Unternehmen durch, das keines der australischen Blätter auf dem Zettel hatte.