Rücktritt an entscheidender Stelle im Aufsichtsrat der Deutschen Bank: Georg Thoma verlässt das Kontrollgremium des größten hiesigen Geldhauses satzungsgemäß mit einmonatiger Wirkung zum 28. Mai 2016. Das hat die Deutsche Bank bekanntgegeben. Der Rechtsanwalt aus Neuss bei Düsseldorf leitete den Integritätsausschuss der Deutschen Bank, war somit für die Aufarbeitung vieler Rechtsskandale des Kreditinstituts verantwortlich – und seinen eigenen Mitaufsichtsräten dabei offenbar zu gründlich vorgegangen.
Erst Mitte April 2016 beschwerte sich Aufsichtsratskollege und Deutsche-Bank-Betriebsratschef Alfred Herling öffentlich über seinen Chefaufklärer. „Mit seinem Übereifer und der juristischen Selbstverwirklichung stößt Dr. Thoma zunehmend auf Kritik“, ließ Herling sich in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zitieren. Thoma fordere immer breitere Untersuchungen und lasse „immer noch mehr Anwälte aufmarschieren“.
Unterstützt wurde Herling in seiner Kritik von einem weiteren Deutsche-Bank-Aufsichtsrat. Henning Kagermann, in den Jahren 2003 bis 2009 Vorstandssprecher von SAP und nun Präsidiumsmitglied des Deutsche-Bank-Aufsichtsrats, forderte mehr auf die Zukunft als in die Vergangenheit zu schauen.
Der Integritätsausschuss soll sich laut Deutscher Bank unter anderem darum kümmern, dass das Geldhaus „Rechtsvorschriften, behördliche Regelungen und interne Richtlinien einhält“, um „ehrbares und sittliches Verhalten“ innerhalb und außerhalb des Unternehmens zu fördern.
Hintergrund für die Einrichtung eines solchen Ausschusses: Die Deutsche Bank hat in den vergangenen Jahren Milliardensummen für Rechtsstreitigkeiten zurücklegen müssen, die vielfach von den Aktionären des Geldhauses kritisiert worden waren. Entsprechend kritisch sehen Investoren nun den Rücktritt von Georg Thoma im Aufsichtsrat der Deutschen Bank und an der Spitze dieses Ausschusses. Sein Vertrag galt eigentlich bis zum Jahr 2018.
„Die öffentlichen Meinungsäußerungen verschiedener Aufsichtsräte sind höchst ungewöhnlich, schaden aus der Sicht von Investoren der Deutschen Bank und verstoßen potenziell gegen Verschwiegenheitspflichten“, sagte beispielsweise Investorenberater Hans-Christoph Hirt von Hermes EOS dem Handelsblatt.
Derzeit muss sich die Deutsche Bank mehreren Sonderuntersuchungen stellen. Die Vorwürfe schließen den der Geldwäsche im Moskauer Ableger des Geldhauses seit geraumer Zeit ein. Anfang Mai 2016 hat die Bank nun erneut einen ähnlichen Vorwurf der britischen Finanzaufsicht zugestellt bekommen.
Nach Angaben der Financial Times urteilt die Behörde FCA, dass die Vorkehrungen der Bank gegen Geldwäsche, Terrorfinanzierung und Sanktionsverstöße mangelhaft seien. Es habe bei der Deutschen Bank auch „unangemessenen Druck“ auf Mitarbeiter gegeben, mit bestimmten Kunden ins Geschäft zu kommen. „Effektives Engagement und Führungsverhalten in Bezug auf Finanzkriminalität" habe über einen „erheblichen Zeitraum hinweg gefehlt“, zitierte die Zeitung aus dem ihr vorliegenden FCA-Bericht vom März 2016.
Der bisherige Chef des Integritätsausschusses der Deutschen Bank, Georg Thoma, wird diese Vorwürfe nicht mehr versuchen aufzuklären. Er ist als Vorsitzender des Integritätsausschusses mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Seine Nachfolgerin auf diesem Posten wird nach Angaben der Deutschen Bank vorübergehend die US-Juristin Louise Parent.