VW-Chef Matthias Müller hat seiner Ankündigung, Volkswagen zu einem „Mobilitätsdienstleister“ weiterzuentwickeln, erste Taten folgen lassen – noch bevor die neue Strategie offiziell verkündet worden ist. Am Dienstagabend, 24. Mai, gab Europas größter Automobilhersteller bekannt, eine „signifikante Beteiligung“ an der israelischen Taxi-App Gett erworben zu haben. Gett, dessen Name sich von „GetTaxi“ ableitet, vermittelt in mehr als 50 Städten weltweit Taxifahrten – per monatlicher Gebühr, pro Fahrt oder für Firmenkunden.
Volkswagen zahlt für die Beteiligung 300 Millionen Dollar (knapp 270 Millionen Euro). Gemeinsam mit Gett will VW künftig digital vernetzte Dienstleistungen rund um das Thema Mobilität anbieten. Müller bezeichnete die Beteiligung als „Meilenstein“. Die Vermittlungsplattform von Gett könne „auch als Grundlage dienen, um tragfähige Modelle für den On-Demand-Betrieb selbstfahrender Autos zu entwickeln“, so Volkswagen in der Mitteilung vom Dienstag.
Wie sehr traditionelle Autohersteller derzeit nach zukunftsfähigen Geschäftsmodellen Ausschau halten, zeigte am späten Dienstagabend auch der japanische Branchenprimus Toyota. Der weltgrößte Autokonzern gab nur Stunden nach der VW-Meldung bekannt, sich am Fahrdienstvermittler Uber beteiligt zu haben.
Über die Höhe des Investments wurde allerdings keine Angaben gemacht. Der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge handelt es sich um eine eher kleine Beteiligung an dem zuletzt mit rund 60 Milliarden Dollar (54 Milliarden Euro) bewerteten Startup aus San Francisco.
Teil des Deals zwischen Toyota und Uber soll sein, Uber-Fahrern seine Toyota-Fahrzeuge per Leasing oder zum Kauf anzubieten. Auch die Entwicklung gemeinsamer Apps für Fahrer steht auf der Agenda.
Die jüngsten Beteiligungen von Volkswagen und Toyota stehen in einer Reihe vergleichbarer Investments auch anderer Autobauer in den umkämpften Markt der Mobilitäts-Apps.
So hat sich beispielsweise die Opel-Mutter General Motors, wichtigster US-Konkurrent von Volkswagen und Toyota, Anfang Januar mit rund 500 Millionen Dollar in den Uber-Konkurrenten Lyft eingekauft, damals umgerechnet rund 460 Millionen Euro. Es war die bis dato größte Investition eines Autokonzerns in ein Mobilitäts-Startup. Entsprechend erhielt GM im Gegenzug auch einen Sitz im Aufsichtsrat von Lyft.
Die Zukunft der individuellen Mobilität sei „zusammenhängend, nahtlos und autonom“, sagte GM-Chef Dan Ammann damals im Zuge der Bekanntgabe Beteiligung. Lyft hat inzwischen bekannt gegeben, seine Flotte künftig mit dem elektrischen Chevrolet Bolt von GM auszustatten.
Unter den deutschen Luxusherstellern investieren vor allem Daimler und BMW seit Jahren in eigene Mobilitäts-Apps. Daimler beispielsweise hat schon im September 2014 die App MyTaxi komplett übernommen und verwendet seine Autos im hauseigenen Carsharing-Dienst Car2Go. BMW indes betreibt gemeinsam mit dem Autovermieter Sixt den Carsharing-Dienst DriveNow.
Welche Umwälzungen die Kombination aus App-gesteuerten Mobilitätsdiensten, die Fortschritte bei autonom fahrenden und elektrisch betriebenen Autos auf die Branche haben, dafür gibt es viele Beispiele.
Der Aufstieg des kalifornischen Elektroautoherstellers Tesla zählt ebenso dazu wie die Bestrebungen Googles, alltagstaugliche Roboterautos ohne Lenkrad auf die Straße zu bringen. Eine der größten Investitionen in eine Mobilitäts-App à la Uber, Lyft oder Gett stammt im Übrigen vom IT-Konzern Apple. Eine Milliarde Dollar (880 Millionen Euro) hat der iPhone-Konzern, dem Entwicklungspläne für ein eigenes Auto nachgesagt werden, erst vor zehn Tagen in den chinesischen Uber-Rivalen Didi Chuxing investiert.
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