Der VW-Konzern hat die im Zuge der Dieselgate-Aufbereitung verschobene Hauptversammlung am 22. Juni 2016 aus Sicht der Aufsichtsräte und Vorstände halbwegs glimpflich über die Bühne gebracht. Einzig das Abstimmungsverhalten des Landes Niedersachsen sorgte für einen vernehmbaren Paukenschlag.
Das Land, das rund 20 Prozent der Anteile am Konzern hält, verweigerte dem Vorstand eine komplette Entlastung für das vergangene Jahr. Stattdessen enthielten sich die Landesvertreter, als es um die Entlastung des im Zuge der zurückgetretenen VW-Chefs Martin Winterkorn und des seit Juli 2015 amtierenden VW-Markenchef Herbert Diess ging.
Dass die Entlastung aller Vorstände dennoch schon vorab als sicher galt, dafür standen die Großeignerfamilien Porsche und Piëch, die über ihre Holding, die Porsche SE, mehr als 50 Prozent der Stimmrechte halten.
Niedersachsen Ausscheren aus dieser Phalanx der Großaktionäre hängt damit zusammen, dass die Staatsanwaltschaft Braunschweig kurz vor der Hauptversammlung bekanntgab, gegen Winterkorn und Diess wegen möglicher Marktmanipulation zu ermitteln. Es bestehe der Anfangsverdacht, dass beide zu spät über den Abgas-Skandal informiert und so kursrelevante Informationen für Anleger unterdrückt haben.
Auslöser des Ermittlungsverfahrens war eine Strafanzeige der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Diese bemängelt, dass Volkswagen bereits am 3. September 2015 gegenüber den US-Behörden den Einsatz einer verbotenen Abschalteinrichtung zugegeben hatte, jedoch erst am 18. September die Finanzmärkte per Ad-hoc-Mitteilung darüber informierte.
Geräuschloser liefen die Abstimmungen für die anderen Vorstände. Auch wen diese sich heftiger Kritik der Aktionäre stellen mussten. Davon blieb auch der Aufsichtsratschef und ehemalige VW -Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch nicht verschont. Einige Aktionäre forderten bereits am Anfang der HV, ihm die Leitung der Versammlung zu entziehen, da Pötsch als ehemaliger Vorstand eine Mitverantwortung an der Krise trage und zudem ohne Abkühlphase vom Vorstand in den Aufsichtsrat gewechselt sei. Pötsch war im vergangenen Oktober zunächst per Gericht in das Gremium berufen worden.
Der Antrag, zu Pötschs Abwahl als Versammlungsleiter, brachte es allerdings nur auf rund 0,02 Prozent der Stimmen.
Pötsch bezeichnete in seiner Rede die Krise um die Manipulation von Diesel-Abgaswerten als historischen Scheideweg. „Volkswagen steht in diesen Tagen vor der größten Bewährungsprobe seiner Unternehmensgeschichte“, so der Aufsichtsratchef. Ähnlich äußerte sich auch der Vorstandvorsitzende des Konzerns, Matthias Müller, der gleichwohl auch versuchte, Optimismus auszustrahlen: „Volkswagen ist mehr als diese Krise. Unser Konzern verfügt über Qualitäten, die nicht über Nacht verloren gegangen sind“, sagte der VW-Chef in seiner Rede.
Wie der Konzern diese Qualitäten in künftige Dividenden ummünzen will, dass hatte er vor der Hauptversammlung bereits bei der Präsentation der neuen Strategie des Konzerns umrissen.
In diesem Jahr brachte dies den Anteilseignern indes wenig. Sie müssen sich mit einer deutlich gestutzten Dividende begnügen, die am Mittwoch ebenfalls von der Hauptversammlung durchgewunken wurde. Der Konzern schüttet den Stammaktionären nach 4,80 Euro im Vorjahr nun gerade noch 0,11 Cent aus, den Vorzugsaktionären nach 4,86 Euro im Vorjahr nun 17 Cent Dividende für das Jahr 2015.
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