Die Aktionäre der Deutschen Bank sind hellhörig geworden. Ihr Geldhaus, das eigentlich in der ersten Börsenliga spielen will, soll nach Informationen des Manager Magazins und der Bilanz den Zusammenschluss mit der deutschen Nummer Zwei ausgelotet haben, der Commerzbank. Und die Deutsche-Bank-Anteilseigner dürfte alles interessieren, was ihrem Konzern auf die Sprünge helfen könnte – nach Jahren des Niedergangs.
Mittlerweile macht die Marktkapitalisierung ihres Unternehmens Ende August 2016 gerade noch 18 Milliarden Euro aus; Wettbewerber wie die amerikanische Wells Fargo kommen zum Vergleich auf 235 Milliarden Dollar.
Der Börsenkurs des bedeutendsten hiesigen Geldhauses ist in den vergangenen Jahren entsprechend stark gefallen: Auf Fünfjahressicht ist ein Minus von 51,71 Prozent aufgelaufen, in den vergangenen zehn Jahren gab die Notierung sogar Stück für Stück um 82,91 Prozent nach. Längst sind die Titel der einst stolzen Deutsche Bank nicht mehr in wichtigen Aktienindizes wie dem Stoxx Europe 50 enthalten.
Entsprechend hat sich das Fusionsgerücht zu einem Strohhalm entwickelt, an den sich die Aktionäre der Bank kurz klammern können. Zwischenzeitlich zog der Deutsche-Bank-Aktienkurs am 31. August 2016 von 12,90 Euro auf in der Spitze 13,39 an, am Vormittag des 1. September 2016 stabilisierte er sich bei 13,58 Euro – verglichen mit der Notierung vor den Fusionsgerüchten ein schönes Plus von mehr als 7 Prozent, im Verhältnis zum langjährigen Abwärtstrend nur eine minimale Entlastung der Deutsche-Bank-Aktionäre.
Die müssen zudem ins Grübeln geraten, ob in dem Fusionsgerücht viel Substanz liegt, denn Deutsche-Bank-Chef John Cryan hält von dem offenbar erwogenen Zusammenschluss nichts. „Das glaube ich nicht“, sagte der Brite am Abend des 31. August 2016 nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters auf die Frage nach der möglichen Fusion mit der Commerzbank. „Wir wollen die Deutsche Bank eigentlich kleiner und einfacher machen.“
Zusammen würden Deutsche Bank und Commerzbank aber auf eine Bilanzsumme von 2,1 Billionen Euro kommen. Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt der Bundesrepublik Deutschland betrug nach Angaben des Statistischen Bundesamts im Jahr 2015 nur ein rundes Drittel mehr, nämlich 3,026 Billionen Euro.
Cryan sagte nach Angaben der Agentur auf der Tagung „Banken im Umbruch“, in Deutschland sollten sich vielmehr kleinere Häuser zusammenschließen. Es gebe zu viele Banken hierzulande, da es nie zu einer großen Fusionswelle gekommen sei.
Seine Bank könnte von solch einem Zusammenschluss der Kleinen profitieren, soll doch der scharfe Bankenwettbewerb in Deutschland auch für die schwindende Profitabilität der Deutschen Bank mitverantwortlich sein. Dass die Aktionäre der Bank deshalb aber Geld für die Übernahme oder den Zusammenschluss mit einem hiesigen Konkurrenten ausgeben lassen wollen, halten Beobachter für unwahrscheinlich.
Erst vor wenigen Wochen haben Stresstests gezeigt, dass die Deutsche Bank keinesfalls Kapital im Überfluss besitzt, um solche Transaktionen zu stemmen. Ihr Kapitalpolster zählte im europäischen Vergleich eher zu den knapperen unter den Testbedingungen der Europäischen Bankenaufsicht (EBA): Unter 54 untersuchten Banken landete der deutsche Branchenprimus auf Rang 43.
Mehr noch: Forschungsinstitute um das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), die Stresstestbedingungen der US-amerikanischen Notenbank auf europäische Verhältnisse übertrugen, ermittelten am 9. August 2016 sogar einen Kapitalbedarf in Höhe von 19 Milliarden Euro für die Deutsche Bank – mehr als sie an der Börse wert ist.
Prompt kam unter Deutsche-Bank-Aktionären das Gerücht nach der nächsten Kapitalerhöhung ihres Geldhauses auf, die das für die akute Lage sofort dementierte. Viel Kapitalspielraum dürfte derzeit aber in der Tat nicht bei den Frankfurter Bankern bestehen, und ein Zusammenschluss oder gar der Kauf der Commerzbank wirkt noch aus anderem Grund wenig überzeugend für die Deutsche Bank.
Das Institut versucht seit geraumer Zeit, sich von seiner Postbank-Tochter zu trennen. Erst am 18. Dezember 2015 hat das Oberlandesgericht Köln den Weg frei dafür gemacht, die verbliebenen Kleinaktionäre aus der Postbank zu drängen. Im Jahr 2016 sollte die Postbank dann eigentlich an der Börse verkauft werden. Doch daraus bis zum Herbst 2016 nichts geworden.
Viele Aktionäre der Deutschen Bank stellen sich deshalb die Frage, warum ihr Management nicht einfach die Postbank behält, wenn die Frauen und Männer um Bank-Chef John Cryan auf eine stärkere Marktposition ihres Geldhauses in Deutschland spekulieren sollten.
Gleichwohl ist die Deutsche Bank natürlich kein Fall für den Insolvenzverwalter. „Den Stresstest kann man auch nicht lesen wie eine Bundesligatabelle“, kommentierte Deutsche-Bank-Privatkunden-Vorstand Christian Sewing am 17. August zu Recht das Ergebnis des EBA-Stresstests gegenüber der Bild-Zeitung.
Aber vom einstigen Spiegelbild der florierenden deutschen Wirtschaft in der Bankenwelt, wie sie es zu Zeiten der Deutschland AG als Anteilseigner einiger wichtiger hiesiger Konzerne war, ist die Deutsche Bank zum Sinnbild eines Kriseninstituts geworden. Da beflügelt das Gerücht von einer Fusion mit der Commerzbank oder gar deren Übernahme die Phantasie der Deutsche-Bank-Aktionäre besonders stark.
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